Joachim Werner
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Vorwort
Die wesentlichen Bücher über die Renaissance, insbesondere in Italien, sind längst geschrieben, die meisten allumfassend. In dieser Publikation soll es darum gehen, dem heutigen Besucher der Ewigen Stadt die Architekturzeugnisse der Renaissance denen der Antike und des Barock als gleichrangig zur Seite zu stellen. Bei der Überfülle markanter Bauten aus allen Epochen, die Rom zu bieten hat – als Hauptstadt der Antike, Sitz des Papsttums und Zentrum des Barock, nicht zu vergessen als Hauptstadt des modernen Italien – wird die Wahrnehmung der Renaissancebauten in der Regel vernachlässigt. Diese kurze Zusammenstellung sehenswerter Objekte, zusammen mit einem knappen geschichtlichen Überblick, soll dem abhelfen und den Blick dafür schärfen, dass es die Epoche der Renaissance war, die Rom wieder ins Blickfeld der Kunst- und Geschichtsinteressierten gerückt hat. Die wieder erweckte Wertschätzung der Antike hat ihren Ursprung in einer neuen Betrachtungsweise des Alten. Die Bauten der Renaissance sind deshalb keineswegs ein Abklatsch früherer Baustile (wie das beispielsweise bei den Neo-Stilen des 19. Jh. der Fall ist), sondern ganz eigenständige (moderne) Kunstwerke, inmitten der viel besuchten Sehenswürdigkeiten Roms. Im ersten Teil der Publikation werden die Merkmale des Renaissancestils in Rom knapp dargestellt, im zweiten Teil sollen die Paläste mit Leben angefüllt werden, da sich in ihnen wirklich erstaunliche Geschichte manifestiert.
I Die Grundlagen der Renaissancearchitektur in Rom
1 Abstieg und Wiedergeburt Roms
Die Renaissance begann zwar im späten 14. Jahrhundert in Italien, dennoch gehört Rom nicht zu den Vorreitern der neuen Epoche. Das hat mit dem Niedergang des Papsttums am Anfang des selben Jahrhunderts und mit der Verlegung des Heiligen Stuhls nach Avignon zu tun. Diese Ereignisse führten in Rom zu wirtschaftlicher Depression und politischer Anarchie. Zur selben Zeit erlebten die norditalienischen Stadtrepubliken einen unglaublichen Aufschwung. Relativ unbehelligt von Zentralmächten wie Kaiser- oder Papsttum konnten sich dort Handel, Kunst und Wissenschaft frei entfalten.
Über Kolonien und Handelsstützpunkte, die Städte wie Genua, Venedig oder Florenz im östlichen Mittelmeer unterhielten, blieb der Kontakt zum geistigen Erbe des Griechentums erhalten. Mit dem Niedergang von Byzanz verlegten viele Bewohner dieses Reiches ihre Wohnsitze nach Oberitalien und brachten griechische Kultur mit dorthin. Die miteinander wetteifernden Stadtrepubliken boten gute Betätigungsmöglichkeiten für Künstler und Wissenschaftler und so erstaunt es nicht, dass die berühmten Dante, Petrarca, Giotto, Mantegna, Brunelleschi, Leonardo und Michelangelo in erster Linie in Oberitalien tätig waren.
In Rom sah es in dieser Zeit ganz anders aus. Erschöpft von der Auseinandersetzung zwischen Kaiser und Papst um den Vorrang von weltlicher oder geistlicher Macht, war es im 13./14. Jahrhundert von inneren Konflikten zerrissen. Bonifaz VIII. hatte den Anspruch auf den Primat des Papstes hemmungslos überzogen, insbesondere gegenüber dem König von Frankreich, Philipp IV. dem Schönen. Das führte dazu, dass Frankreich begann, sich in die Politik des Heiligen Stuhls einzumischen. 1309 verlegte Papst Clemens V., ein Franzose, der völlig unter dem Einfluss Philipps IV. stand, den Sitz des Papsttums nach Avignon. Er wollte damit den Auseinandersetzungen mit den mächtigen Adelsfamilien in Rom aus dem Wege gehen, die die Kräfte des Papsttums immer mehr banden, sowie erneuten Versuchen Kaiser Heinrichs VII. entgegen treten, in Italien die alte imperiale Politik im Stil der Staufer zu erneuern. Der französische Einfluss verstärkte sich in den nachfolgenden Jahren durch eine große Mehrheit neu ernannter Kardinäle, die alle Franzosen, vor allem Südfranzosen, waren. Avignon wurde 1348 schließlich von Clemens VI. gekauft, der auch den neuen Papstpalast prächtig ausbaute und hier aufwändig Hof hielt. Im administrativen Bereich wurde die Verwaltung der katholischen Kirche jetzt besser organisiert und zunehmend zentralisiert. Das päpstliche Exil dauerte unter 7 anerkannten Päpsten bis 1378 an und mündete dann in das Abendländische Schisma.
Diese Kirchenspaltung entstand durch die Bestrebungen, das Papsttum nach Rom zurückzuführen und die Weigerung der Franzosen, dem zu folgen. Von 1378 bis 1417 existierten zwei, teilweise drei Papstsitze mit kompletter Kurie nebeneinander, deren Oberhäupter sich gegenseitig bannten und die letzte Autorität der katholischen Kirche verspielten. Auf dem Konzil zu Konstanz erfolgte schließlich die Bereinigung dieser Situation: Alle drei konkurrierenden Päpste mussten abtreten und Martin V. Colonna, der seinen Sitz wieder in Rom nehmen sollte, wurde gewählt.
Allerdings gelang es ihm erst 1420, drei Jahre nach seiner Wahl, in Rom einzuziehen, da Königin Johanna II. von Neapel es mit ihren Truppen besetzt hielt und der Kirchenstaat in völliger Anarchie versunken war. Langsam begann Martin in Rom mit dem Wiederaufbau der heruntergekommenen Stadt und des ebenso heruntergekommenen Kirchenstaates. Als erster Renaissancepapst belebte er die Kunst wieder, indem er bedeutende Künstler an seinen Hof holte und sie mit Aufträgen versorgte. Auch die wieder nach Rom zurückkehrende Kurie und die römischen Adelshäuser, aus denen die Kardinäle entstammten, gehörten zu denjenigen, die jetzt Aufträge an Architekten und Künstler erteilten. Viele der berühmten römischen Palazzi entstanden in dieser Zeit.
Die Auseinandersetzungen der Päpste mit den einflussreichen Adelsfamilien Roms gingen indes weiter.
1434 musste Martins Nachfolger Eugen IV. aus Rom fliehen. Wegen seines Vorgehens gegen die Familie der Colonna war es zum Aufruhr gekommen. Der Papst ging für neun Jahre nach Florenz ins Exil. Von dort entsandte er den ehemaligen Räuberhauptmann und Condottiere, Giovanni Vitelleschi, als Kardinal nach Rom, um mit Mitteln des Terrors die Ruhe wieder herzustellen. Trotz ungünstiger Bedingungen wie der instabilen politischen Verhältnisse wurde auch Eugen IV. zu einem wichtigen Förderer von Architektur, Kunst und Wissenschaft. Während seines Pontifikats schuf der Bildhauer Filarete die monumentale Bronzetür des Hauptportals der Peterskirche. Am päpstlichen Hof arbeiteten damals auch die Maler Pisanello, Jean Fouquet und Fra Angelico. Die Berufung des byzantinischen Theologen und Humanisten Bessarion (siehe letztes Kapitel) als Kardinal nach Rom führte zur Erschließung der Schriften Platons und weiterer antiker griechischer Autoren und förderte die Ausbreitung der Ideen der Renaissance.
Die neue Rolle des Papsttums in der Renaissance
Als Bauherr, Kunstmäzen und Förderer der humanistischen Bewegung übertraf Nikolaus V. seine Vorgänger bei weitem. Er gilt als erster humanistisch gebildeter Papst und war Gründer der Vatikanischen Bibliothek. 1447 entwarf er ein umfangreiches Programm zur Erneuerung Roms: Restaurierung aller 40 Stationskirchen (der Kirchen mit täglichem Gottesdienst), durchgreifende Neugestaltung des Vatikans und seiner Umgebung sowie Ausbau der Befestigungsanlagen. Obwohl das Gesamtprojekt in seinem kurzen Pontifikat nur angestoßen werden konnte, baute er am Vatikan einen neuen großen Palastflügel und begann mit dem Ausbau der alten konstantinischen Peterskirche. Nikolaus V. sorgte nicht nur für die Kirchen und Paläste von Rom, sondern auch für den Ausbau von Straßen, Brücken, Wasserleitungen, Brunnen sowie Verteidigungsanlagen.
Die Bewältigung all dieser staatlichen Aufgaben erforderte eine neue Rolle des Papsttums. Um fortzubestehen, musste es sich den frühmodernen Staaten, wie sie mittlerweile in Oberitalien entstanden waren, angleichen und dabei der Mittel bedienen, die Machiavelli in seinem Werk „Il Principe“ 1513 beschrieb. Als Theokratie stand es dabei vor einigen Handicaps: Das dynastische Prinzip, das in weltlichen Staaten die Kontinuität der Herrschaft sicherte, konnte im zölibatären Papsttum nicht angewendet werden und der moralische Anspruch der Kirche stand einer machiavellistischen Politik entgegen. In einem aberwitzigen Spagat versuchten die Renaissancepäpste diese unvereinbaren Voraussetzungen in ihrer Herrschaft zu vereinen.
Es kam dabei zu Pontifikaten, namentlich unter Sixtus IV., Alexander VI. (Borgia), Leo X. und Clemens VII. (beide aus dem Hause Medici), in denen das Ansehen der Katholischen Kirche und ihre moralische Kompetenz dermaßen niedersank, dass die Ursachen für die Reformation quasi selbst herbeigeführt wurden. Die hemmungslose Begünstigung von Verwandten – auch unehelichen Söhnen – (der so genannte Nepotismus), Kriege zur Erringung der Vorherrschaft in Italien, lukrativer Ämterverkauf (Simonie), verschwenderischer und amoralischer Lebensstil von Päpsten und Kardinälen kennzeichnen diese Epoche.
Obwohl alle diese negativen Erscheinungen auch unter dem Pontifikat von Julius II. (1503 – 1513) anhielten, gilt er als bedeutendster Papst dieser Epoche. Unter ihm etablierte sich die Renaissance in Rom. Zur Verwirklichung seiner ehrgeiziger Projekte zog er die größten Künstler heran, die Rom städtebaulich gänzlich umgestalten und vor allem einen Neubau anstelle der altehrwürdigen, frühchristlichen Peterskirche aus dem 4. Jahrhundert zustande bringen sollten. Diese sollte die größte und prächtigste Kirche des Erdkreises, dominiert von seinem eigenen kolossalen Grabmal, werden. Für den Neubau wurde Bramante, für das Grabmal Michelangelo herangezogen, der auch die Ausmalung der Sixtinischen Kapelle ausführen sollte. Raffael erhielt den Auftrag für die Arbeiten in den Privatgemächern des Vatikanpalastes, den die Päpste anstelle des alten Lateranpalastes zu ihrem Sitz gemacht hatten.
Das Wirtschaftsleben im Rom der Renaissance
Mit dem Untergang des Römerreiches waren auch die Handelsbeziehungen, die sich vom hohen Norden bis Mittelasien und Nordafrika erstreckt hatten, völlig zum Erliegen gekommen. Der Hafen von Rom verlor seine Bedeutung, was noch durch seine zunehmende Verlandung verstärkt wurde. Das bewohnte Stadtgebiet hatte sich so weit verkleinert, dass jetzt innerhalb der (großenteils immer noch intakten) Aurelianischen Stadtmauer Landwirtschaft betrieben wurde. Die Handwerker organisierten sich in Zünften und produzierten ausschließlich für den Bedarf der Stadt. Im Bauwesen plünderte man die altrömischen Monumentalbauten, die sowieso nicht mehr unterhalten werden konnten und errichtete (mit Ausnahme der Kirchen) schlichte und unansehnliche Häuser, zusammengeschustert aus antikem Baumaterial.
Mit der Rückkehr des Papsttums in die Stadt wandelte sich diese Situation allmählich wieder zum Guten. Erhebliche Einnahmen der Kirche (aus dem Kirchenzehnten) flossen jetzt nach Rom und der Unterhalt des riesigen kirchlichen Verwaltungsapparats brachte vielen Wirtschaftsbranchen gute Gewinne. Es entstand ein Bauboom durch den Neubau von Kirchen und Palästen und auch Künstler fanden wieder ein Betätigungsfeld, obwohl es geraume Zeit dauerte, bis sie aus den Kunstzentren der Renaissance in Oberitalien ihren Weg nach Rom fanden. Die Situation des Handwerks verbesserte sich durch erhöhte Nachfrage und die Zünfte wuchsen.
Im Mittelalter und in der Renaissance besaß jede Zunft ihre eigene Straße, in der sich die Werkstätten der Handwerker befanden. Viele Straßen des zentralen Viertels der römischen Altstadt tragen nach wie vor die Namen der Zünfte, die einst dort ansässig waren. Wer sich für die Bedeutung von Straßennamen interessiert, sollte sie auf einem Spaziergang alle im Internet recherchieren. Hier ein paar Beispiele:
An der nordwestlichen Ecke des Campo de Fiori beginnt die Via dei Cappellari, die Hutmacherstraße. Die Via dei Baullari, die Straße der Truhenhersteller führt zur Piazza Navona. Durch die Via dei Giubbonari, die Straße der Jacken- und Wamsschneider gelangt man zur Villa Arenula und zum alten jüdischen Ghetto. Weitere Beispiele sind die Via dei Chiavari (Schlosserstraße), die Via dei Sediari (Stuhlschreinerstraße) und die Via dei Palestrari (Armbrustmacherstraße). In der Via dei Coronari hatten sich jene Handwerker niedergelassen, die Rosenkränze anfertigten, die Cestari und die Canestari flochten Körbe, die Funari stellten Seile her, bei den Staderari wurden Dinge gewogen und in den Vicolo del Bollo brachten Juweliere Gold oder Silber zum Prägen.
Die Straßennamen erzählen auch noch anderes: So ist die Piazza del Fico nach einem Jahrhunderte alten Feigenbaum benannt, die Via del Governo Vecchio nach dem großen Gebäude, das einst Regierungssitz war. Die Via dei Soldati in der Nähe der Piazza Navona war einst Teil einer militärischen Patrouillenstrecke.
2 Kirchen der Renaissance
Da die Verwendung des neuen Baustils in Rom erst relativ spät einsetzte, gibt es dort nicht so viele Renaissancekirchen wie in Norditalien. Der Rom nach der Konsolidierung des Papsttums, also ca. 80 Jahre später erfassende Bauboom fällt nämlich vorwiegend in die Zeit des Barock. Auch existieren keine so stilreinen Renaissancebauten wie in Oberitalien, da sie hier – besonders in der baufreudigen Barockepoche – immer wieder verschönt, umgebaut und dem herrschenden Zeitgeschmack angepasst wurden. Die Fassaden zeigen eine flächenhafte Gestaltung mit sparsamem, klassischem Dekor. Auch das Innere ist eher nüchtern gehalten, architektonisch werden klare, geometrische Formen bevorzugt: Tonnengewölbe, Kuppeln, Rundbögen und klassische Verzierungen.
S. Maria del Popolo
Aus Anlass der Eroberung Jerusalems während des ersten Kreuzzugs stiftete Papst Paschalis II. 1099 eine Kapelle für die Bürgerschaft (comune oder popolo) von Rom. Unter Sixtus IV. entstand 1472 ein Neubau durch Baccio Pontelli und Andrea Pregno, Bramante schuf den verlängerten Chor. Die schlichte Fassade zeigt einiges, was in der Renaissance zum Standard wird: Rechteckige Portale mit Abdeckung durch Ädikulen, vertikale Gliederung der Flächen durch Pilaster mit klassischen Kapitellen und horizontale Gliederung durch Gesimse. Prunkstück im Innern ist die Cerasi-Kapelle mit den beiden Gemälden „Paulus vor Damaskus“ und „Kreuzigung Petri“ von Caravaggio.
Sant Agostino, 1479 – 1483
Seit 1286 ist an dieser Stelle der Orden der Augustiner ansässig. Das Gotteshaus, das zu den ersten römischen Kirchen im Stil der Renaissance zählt, wurde in den Jahren 1479 bis 1483 nach den Entwürfen der Architekten Sebastiano Fiorentino und Giacomo Pietrasanta errichtet. Als zusätzliche Gliederungselemente der Flächen finden wir hier die umrahmten Kassetten, in die die runden Fenster eingelassen sind und die Voluten, die zwischen dem hohen Mittelschiff und den niedrigeren Seitenschiffen vermitteln. Ein Teil des Baumaterials für die Fassade entstammt dem Kolosseum. 1756 bis 1763 wurde die Kirche von Luigi Vanvitelli umgebaut, in der ersten Kapelle links hängt das Caravaggio-Bild „Madonna der Pilger“.
Santa Maria dell‘ Anima, 1500 – 1523
Im Heiligen Jahr 1500 legte die deutsche Bruderschaft von Santa Maria dell’Anima unter ihrem Leiter Johannes Burckard den Grundstein für eine Kirche im Renaissancestil, die aber den in der mitteleuropäischen Spätgotik üblichen Typus der Hallenkirche verwendet, bei der die Seitenschiffe die selbe Höhe haben, wie das Mittelschiff. Da in der Renaissance die Silhouette der drei Schiffe außen in der Fassade abgebildet wird, ergibt sich hier ein quadratischer Block, dem man einen rechteckigen Schaugiebel aufsetzte. Das Ganze wird sparsam mit Gesimsen und Pilastern gegliedert, auffällig sind die großen Rundbogenfenster. Um 1523 war der Kirchenbau, dessen Architekt nicht namentlich bekannt ist, vollendet. Die Fassade dagegen stammt von den Renaissancekünstlern Andrea Sansovino und Giuliano da Sangallo. Die Kirche diente als Grablege prominenter deutscher Rompilger und in Rom ansässiger deutscher Kaufleute, auch war ihr ein Hospiz angeschlossen. Sie ist die Grablege des letzten Papstes, der aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation stammte, Hadrian VI. aus Utrecht. Noch der Gotik verpflichtet sind im Innern die Höhe der Pfeiler, die die vier Bögen tragen, die Tiefe der 8 Seitenkapellen und der Campanile.
San Luigi dei Francesi, 1518 – 1589
San Luigi ist die französische Nationalkirche in Rom, ihr Patron ist Ludwig der Heilige, der kanonisierte König Ludwig IX. von Frankreich. Sie ist Titularkirche und hat stets einen französischen Kardinal als Priester. Sie wurde 1518 von Giacomo della Porta begonnen und 1589 von Domenico Fontana vollendet. Ihre Renaissancefassade verwendet zwar den klassischen Dekor, ist aber unabhängig vom dahinter liegenden Kirchenraum, wie eine Hausfassade gestaltet. Sie wird von Heiligenstatuen geziert, die mit der französischen Geschichte konnotiert sind: Karl der Große, Ludwig der Heilige, die hl. Clothilde und die hl. Johanna von Valois. (Tatsächlich wurde eine Heiligsprechung Karls des Großen, den sowohl Franzosen wie Deutsche als den Urahn ihres Staatswesens beanspruchen, von Kaiser Barbarossa betrieben. Da sie aber von einem Gegenpapst vollzogen wurde, erkennt sie der Vatikan nicht an.) Berühmt ist San Luigi für die Contarelli-Kapelle links neben dem Altar. Mathieu Contrel, französischer Kardinal, gab sie in Auftrag und ließ drei Hauptwerke Caravaggios darin aufhängen. Sie befassen sich mit dem Leben des Evangelisten Matthäus, dem Namenspatron des Kardinals.
Peterskirche, 1506 – 1626
Die Peterskirche ist zweifellos Roms bedeutendstes Renaissancebauwerk, doch ist sie – aufgrund der langen Bauzeit – stärker vom Barock geprägt als von der Renaissance. Als man sich entschloss, den konstantinischen Bau von St. Peter abzureißen und einen Neubau zu errichten, berief man den Architekten Bramante aus Urbino. Von ihm stammt der völlig symmetrische Entwurf in Form eines griechischen Kreuzes, der lange diskutiert und letztlich nicht verwirklicht wurde, weil der Neubau kürzer als die alte Peterskirche ausgefallen wäre.
Michelangelo, ebenfalls Verfechter des Zentralbaus, entwarf die dem Geist der Renaissance entsprechende Kuppel. Doch nach seinem Tod setzten sich die Barockarchitekten durch, die das Hauptschiff zum Petersplatz hin verlängerten und eine gewaltige, breite Fassade errichteten, die die Kuppel verdeckte. Durch die geniale Anlage des Petersplatzes mit seinen Kolonnaden konnte Bernini den gestörten Gesamteindruck des Bauwerks nachträglich noch etwas abmildern.
3 Der römische Renaissance-Palazzo
Ein typisch römisches Gebäude der Renaissancezeit ist der Palazzo, eine schlossähnliche und repräsentative Stadtresidenz für Adlige, Reiche oder Regierende. Der Name leitet sich über das Wort palatium vom Palatin ab, dem Ort, wo in der Antike die Residenzen römischer Kaiser standen. Das Wort findet sich, mit Veränderungen, in fast allen europäischen Sprachen wieder, so auch als „Palast“ im Deutschen. Als Bautyp ist der Begriff in den europäischen Ländern unterschiedlich ausgeprägt, am meisten verbreitet sind der Typus des französischen „hôtel“, einer U-förmigen Anlage mit dem „corps de logis“ (Wohnbau) in der Mitte und den einen „cour d‘honneur“ (Ehrenhof) umgebenden Flügelbauten (in Italien im Palazzo Pitti in Florenz vertreten) und der Typus des italienischen Palazzo, der zumeist aus einem kubischen, rechteckigen Vierflügelbau mit Innenhof besteht. Das Vorbild dafür liegt in den mittelalterlichen Stadtpalästen (Palazzo Communale, Palazzo della Ragione), wehrhaften Bauten für die Stadtregierung oder den Stadtherrn im Stile der Gotik.
Palazzo Venezia
Neben dem Palazzo Medici Riccardi, 1444 vom Architekten Michelozzo und dem Palazzo Ruccellai, 1446 von Alberti in Florenz gilt der Palazzo Venezia in Rom als frühestes Beispiel eines italienischen Renaissancepalastes. Der venezianische Kardinal Pietro Barbo ließ ihn neben der mittelalterlichen Kirche San Marco von 1455 bis 1467 erbauen. Nach seiner Wahl zum Papst verlegte er vorübergehend den Sitz des Heiligen Stuhles hierhin. Mit der dreistöckigen rotbraunen Putzfassade, mächtigem seitlichem Turm, mit Travertin umrahmten Fensterreihen und abschließendem Zinnenkranz hat der Palast durchaus noch mittelalterlichen Charakter. Der eigentliche Renaissancestil wird erst in der Hofloggia deutlich. Dort übernahm man (allerdings nur zweistöckig) die Gliederung des Kolosseums, geschossweise übereinandergestellte Pilaster in der Reihenfolge dorisch, (ionisch), korinthisch. Diese sogenannte Superposition blieb ein typisches Merkmal der Renaissance. Der einmal gefundene Bautyp des Palazzo wurde, mit leichten Variationen, vom 15. bis zum 19. Jh. beibehalten.
Cancelleria
In vollen Renaissanceformen zeigt sich der von 1485 bis 1511 für Kardinal Raffaele Riario gebaute Palazzo della Cancelleria am Campo de‘ Fiori, dessen Travertinfassade aus Steinen des Kolosseums besteht. Später wurde im Palazzo die päpstliche Kanzlei eingerichtet, daher der Name. Im Innern ist der Saal der hundert Tage (Sala dei cento Giorni) bemerkenswert, der 1546 von Giorgio Vasari ausgemalt wurde. Der Innenhof ist geprägt durch die umlaufenden Rundbogenarkaden der unteren beiden Stockwerke mit 44 antiken Säulen.
Palazzo Torlonia
Der Palazzo Torlonia (1496 – 1504) in der Via della Conciliazione folgte in Komposition und Motiven dem kurz zuvor errichteten Palazzo della Cancelleria: Plattenrustika im Untergeschoß, Rundbogenfenster und Gliederung der siebenachsigen Fassade durch doppelte Pilaster im Piano Nobile sowie die Ausbildung des nächsten Stockwerks als Mezzanin (Halbgeschoss.
Erst mit dem Bau des Palazzo Caprini (der aber nur noch als Kopie erhalten ist) taucht 1508 mit Bramante einer der berühmten Renaissancearchitekten in Rom als Baumeister eines Palazzo auf. Die bisher entwickelten Gestaltungsprinzipien wie Rustika, Pilaster, Gesimse, Friese und anderes werden nun verbindlich für die Architektur der Paläste.
Palazzo Farnese
Der Palazzo Farnese liefert dann das Muster, an dem sich alle weiteren Palazzi orientierten. Antonio da Sangallo der Jüngere formulierte viele Details in neuer Architektursprache: glatte Wandflächen in allen Geschossen (allerdings in jedem Stockwerk anders behandelt), Beschränkung der Travertin-Rustika auf die Ecken und das Portal, Rechteckfenster im Erdgeschoß, Ädikulafenster im Piano Nobile (Dreiecksgiebel und Segmentgiebel abwechselnd), keine Gliederung der Fensterachsen durch Säulen oder Pilaster und schmalere Rundbogenfenster mit Dreiecksgiebeln im zweiten Obergeschoß. Die Obergeschosse sind durch kräftige Gesimse voneinander abgesetzt. Weitere berühmte Baumeister des Palazzo Farnese waren Michelangelo, Vignola und Giacomo dalla Porta.
4 Das Innere eines Palazzo
Im Innern sind die römischen Paläste in verschiedene appartamenti aufgeteilt. Diese sind Wohn- und Repräsentationsort zugleich, seit dem Umbau des Palazzo Farnese geprägt von einer wenigstens fünf Zimmer umfassenden Raumfolge: Die Empfangsräume befinden sich meistens im Piano Nobile im ersten Geschoss, so dass der Treppe und der Inszenierung des Aufstiegs grundlegende Bedeutung zukommt. Von der Treppe aus geht es in die “Sala dei Palafrenieri” (dem Raum für die Palastwache, Palafrenieri = Reitknechte), dann in das erste Vorzimmer mit Kapelle, in das zweite Vorzimmer, in das Audienzzimmer und schließlich ins Schlafzimmer. Die Palazzi weisen in der Regel mehrere, für den Hausherren und dessen Frau getrennte appartamenti auf, die man teilweise je nach Jahreszeit nutzte. Der Ort, wo der Hausherr Gäste in Empfang nahm, war abhängig vom Rang des Gastes. Die große “Sala” wird oftmals von mehreren appartamenti geteilt, wie beispielsweise im Palazzo Barberini.
Die Bauherren der römischen Paläste waren Päpste, Kardinäle, reiche Adlige und Kaufleute bzw. Bankiers. Sie wetteiferten miteinander in der Größe ihrer Palazzi, der Innendekoration, der dazugehörigen Gärten und der im Palazzo untergebrachten Kunstwerke. Auch versuchten sie, die jeweils berühmtesten Künstler als Baumeister und Ausgestalter ihres Palazzo zu gewinnen.
5 Das Kapitol
Seit mehr als zweitausend Jahren ist das Kapitol das Zentrum Roms und des römischen Imperiums. Der Wiederaufstieg der Metropole unter den Päpsten der Renaissance musste deshalb gerade an diesem Ort durch Monumentalbauten im neuen Baustil demonstriert werden.
Der von steilen Felskanten gesäumte Hügel des Kapitols bildete die natürliche Festung Roms. Er beherrschte den Tiber auf der einen und das Tal des Forum Romanum auf der anderen Seite. Sein Name leitet sich wahrscheinlich von caput (Haupt) ab, entweder von der Form des Hügels oder von seiner Bedeutung für Rom. Der Name lebt noch fort in der Benennung der Parlamentssitze der amerikanischen Bundesstaaten sowie im Capitol von Washington.
Der Hügel besaß zwei Erhebungen, einen nach Norden (zum Forum) und einen nach Süden, mit einer Vertiefung dazwischen. Auf der nördlichen, steilen Erhebung stand seit den frühesten Anfängen Roms die Burg (Arx), die südliche Seite hieß Capitolinum und die Senke dazwischen bezeichnete man als Asylum. Hier hatte der Sage nach schon Romulus eine Freistätte für Flüchtlinge und Neubürger geschaffen. Das Gebiet des Asylum galt als sakrosankt, jeder, der sich hierhin rettete, genoss den Schutz des Asyls. Auf dem Capitolinum erhob sich das wichtigste Bauwerk Roms, der Tempel der kapitolinischen Trias: Jupiter, Juno und Minerva. Heute nehmen der Konservatorenpalast sowie der Palazzo Caffarelli den Platz des Tempels ein. Unter dem Hof des Kapitolinischen Museums, das in beiden Palazzi untergebracht ist, sind stattliche Überreste dieses Tempels erhalten.
Auf dem Platz der Burg wurde später der Tempel der Juno Moneta (der Mahnerin) errichtet und dicht dabei die staatliche Münze, auf die sehr bald der Beiname der Göttin überging. (Darauf bezugnehmend sprechen wir noch heute von „Moneten“). Der Kontinuität von Kultstätten folgend, steht an diesem Ort jetzt die Kirche S. Maria in Aracoeli.
Das Asylum wurde ab 1538 von Michelangelo als Piazza del Campidoglio zum neuen Zentrum des bürgerlichen Rom ausgebaut (als Gegenstück zur Peterskirche, dem geistlichen Zentrum): Von der Altstadt (dem antiken Marsfeld) führt eine breite, mit Pferden zu ersteigende Rampe (Cordonata) auf den Kapitolsplatz hinauf, dessen Mitte durch die vom Lateran hierher verbrachte Reiterstatue des Marc Aurel betont wurde. Diese einst vergoldete Kolossalstatue ist das einzige aus der Antike überkommene Beispiel eines solchen Denkmals. Es überlebte die Zeiten, weil man es für ein Bildnis des ersten christlichen Kaisers Konstantin hielt und nicht wagte, es einzuschmelzen. Michelangelo stellte es auf einen effektvollen Sockel und entwarf eine gemusterte Pflasterung des Platzes, die die optische Wirkung der Platzanlage verstärken sollte. (Es dauerte allerdings bis in unsere Tage, bis diese Pflasterung endlich verwirklicht wurde).
Gerahmt wird die Piazza von den wichtigsten kommunalen Gebäuden der Stadt Rom: dem Senatorenpalast in der Mitte und dem Konservatorenpalast rechts davon. Der Senatorenpalast war Sitz des Stadtherrn (Senators) von Rom und erhebt sich auf den Mauern des antiken Tabulariums, des Staatsarchivs. Der Konservatorenpalast diente als Sitz der Stadträte, die die Judikative innehatten. Michelangelo entwarf einen Renaissanceneubau für die Konservatoren, dem aus Gründen der Symmetrie später ein identisches Gegenstück auf der anderen Platzseite hinzugefügt wurde.
Verschönt wurde das Ganze von wieder aufgestellten antiken Kunstwerken wie den Rossebändigern am Platzeingang, den Waffentrophäen und Kaiserstatuen auf der Balustrade und den Sphingen am Fuß der Cordonata. Sie standen allegorisch für die Größe Roms: Die Dioskuren für den göttlichen Schutz, Waffen und Kaiserfiguren für die Macht der Herrscher und die Sphinx als Symbol der Ausdehnung des Reiches. An der linken Seite des Senatorenpalastes steht heute die Kopie der berühmten antiken Kapitolinische Wölfin, die vorher in einer Loggia des mittelalterlichen Konservatorenpalastes gestanden hatte. (Erst in der Renaissance fügte man ihr das Zwillingspaar Romulus und Remus hinzu und deutete sie dadurch zur „Mutter“ Roms um).
Obwohl die Planung des Kapitolsplatzes ein Kunstwerk ersten Ranges ist, gibt sie doch auch Auskunft über den Niedergang des alten Rom: War das Kapitol früher auf das Forum Romanum ausgerichtet und lag direkt im Zentrum der antiken Millionenstadt, so wurde seit dem Mittelalter die Ausrichtung umgedreht. Das Kapitol drehte dem Forum nun den Rücken zu, auch bildete es nur mehr den Rand der damaligen Stadt, denn das Forum und die sich ihm anschließenden Stadtviertel waren verödet und dienten als Kuhweide (Campo Vaccino). Die zur Zeit des größten Niedergangs etwa 30 000 Einwohner lebten fast ausschließlich auf dem Marsfeld, auf dem das Rom der Renaissance und des Barock entstand.
Aracoeli
Einen reizvollen Gegensatz zu der renaissancehaften Erscheinung des Kapitolsplatzes stellt die links oberhalb befindliche Anlage von S. Maria in Aracoeli dar. Eine sehr steile mittelalterliche Treppe führt auf den Gipfel der ehemaligen Burg und des Junotempels, wo sich die unvollendete Fassade der Kirche erhebt. Ihr Inneres ist ein anschauliches Beispiel für die Kontinuität des römischen Kirchenbaus von der Spätantike bis zum Barock: Von der Kapelle der heiligen Helena, der Mutter Kaiser Konstantins, die in der Kirche ihre letzte Ruhestätte fand, über die aus zusammengeklaubten Säulen und Trümmerstücken errichtete Basilika des Mittelalters bis zur weiteren Ausschmückung in der Renaissance (Holzdecke) und im Barock (Altäre).
Die steile Treppe bewahrt die Erinnerung an ein Ereignis, das typisch für die Renaissance ist: den (allerdings missglückten) Versuch Cola di Rienzos, im Jahre 1347 die römische Republik wieder aufzurichten. Er berief sich auf das altrömische Amt des Volkstribunen, das herrscherliche Vollmachten beinhaltete und ernannte sich selbst zum Machthaber der Stadt Rom. Er erließ Verordnungen und Gesetze zum Schutz der Bürger, sorgte für eine gewisse Rechtssicherheit und die Sanierung von Verwaltung und Finanzen. Von der Aracoeli-Treppe aus hielt er flammende Reden an „das Volk von Rom“, das aber seiner Prunksucht und theatralischen Selbstinszenierungen in Verbindung mit verordneten Steuererhöhungen bald leid wurde und ihn in seltener Übereinstimmung zusammen mit Adel und Klerus verjagte.
Seine triumphale Rückkehr nach Rom am 1. August 1354 – exakt sieben Jahre nach seinem ebenso spektakulären Amtsantritt – verdankte er dem Papst. Dieser plante seine Rückkehr aus dem Exil in Avignon nach Rom und erhoffte sich von der Ernennung Rienzos zum Senator die Niederhaltung des römischen Adels. Doch Rienzo hatte zu wenig politische Macht, sein Amt als Senator entsprechend auszuüben und Maßnahmen durchzusetzen. Erneut brachte er das Volk durch tyrannische Amtsführung und ungerechte Entscheidungen gegen sich auf. Man verhaftete ihn am Morgen des 8. Oktober 1354 und stellte ihn vor Gericht. Doch kaum hatte der Prozess begonnen, wurde er von einem Handwerker hinterrücks ermordet, seine Leiche geschändet und öffentlich zur Schau gestellt. 500 Jahre später stellte Richard Wagner sein Ende weit heroischer dar: In der Oper „Rienzi“ stirbt der Held unter den herabstürzenden Trümmern des Kapitols auf der Ara Coeli-Treppe, wo sich auch das moderne Denkmal des Volkstribunen befindet. (Zwischen Cordonata und Treppe).
Das preußische Kapitol (Palazzo Caffarelli)
Hat man die Kapitoltreppe erklommen und geht gleich rechts vor Michelangelos Konservatorenpalast durch ein Tor mit Rustikaquadern, steht man vor dem Palazzo Caffarelli. Er befindet sich, gleichsam in der zweiten Reihe hinter den berühmten Kapitolsbauten, am Rande eines steilen Felsens, der in der Antike Rupe Tarpea genannt wurde. Seit frühester Zeit stürzten die alten Römer von hier die Verräter in den Tod, der Sage nach als erste Tarpea, die Tochter des Burgwächters zur Zeit des Romulus, weil sie den feindlichen Sabinern den Weg auf das Kapitol verraten hatte.
Auf diesem seitlichen Teil des im Mittelalter verlassenen und verwüsteten Kapitols ließ sich um 1580 der römische Adlige Ascanio Caffarelli einen Stadtpalast von dem Vignola-Schüler Gregorio Canonica erbauen. Das Grundstück hatte Kaiser Karl V. 1528 der Adelsfamilie als Dank für treue Dienste überlassen. Niemand in der Stadt störte sich daran, dass damit der Platz des Kapitolstempels in private Hände gegeben wurde, denn für die Römer spielte zu dieser Zeit die Erinnerung an ihre große Geschichte keine Rolle mehr. Der Palazzo steht teilweise auf den Fundamenten des alten Tempels und wurde im Laufe der Jahrhunderte oftmals umgebaut, allerdings bis 1918 unter weitgehender Erhaltung des originalen Erscheinungsbildes.
Die nun folgenden Ereignisse haben mit der Renaissance nur insofern zu tun, als sie sich vor dem Hintergrund dieses Gebäudes abspielen. Sie sind sowohl in Italien wie auch in Deutschland völlig vergessen und die Erinnerung daran ist offiziell auch nicht mehr erwünscht. Aber sie erzählen viel von den deutsch-italienischen Beziehungen und verdienen deshalb, der Vergessenheit entrissen zu werden: Als sich nach den Schlesischen Kriegen die Zahl der katholischen Untertanen Preußens vervielfacht hatte, eröffnete der protestantische (!) Staat 1747 eine Gesandtschaft beim Heiligen Stuhl, obwohl alle Lutheraner offiziell vom Papst gebannt waren. Gute Beziehungen zum geistlichen Oberhirten seiner Neubürger erschienen dem preußischen König in dieser feindseligen Situation wünschenswert. Die ersten drei preußischen Gesandten waren Vertreter des protestantische Bildungsbürgertums, die sich neben den Beziehungen zum Vatikan besonders mit römischer Kultur und Geschichte befassten (Wilhelm von Humboldt, Barthold Niebuhr und Christian von Bunsen). Anfangs waren die Gesandten in angemieteten Palazzi untergebracht, so von 1802 bis 1808 Wilhelm von Humboldt und seine Frau Karoline in der (jetzt verschwundenen) Villa Malta und später im Palazzo Tomati nahe der Spanischen Treppe und 1809 bis 1823 Barthold Niebuhr im Palazzo Orsini Savelli, dem ehemaligen Theater des Marcellus. In Niebuhrs Wohnsitz richtete man auch (heimlich!) die erste protestantische Kapelle Roms ein.
1817 entdeckte Christian von Bunsen, der damalige Privatsekretär des Gesandten Niebuhr, bei einem Spaziergang auf dem Kapitol eine Wohnung mit einmaliger Aussicht auf die Stadt. Sie lag im stark heruntergekommenen Palazzo Caffarelli, der für die schon damals „fußfaulen Römer“ als Wohnsitz hoch auf dem Berg wenig attraktiv erschien. Der Inhaber Baldassare Caffarelli, der letzte einer aussterbenden Familie, war in finanziellen Schwierigkeiten und vermietete erst Teile, später den gesamten Palast, dessen piano nobile mit dem Festsaal schon im Verfall begriffen und unbewohnbar war. Auf Schinkels zweiter Italienreise 1824 – er wohnte in dem üblichen Quartier deutscher Künstler nahe der Spanischen Treppe – widmete ihm Bunsen viel Zeit und besuchte mit ihm die Kunststätten Roms. Schinkel dagegen war sehr angetan von der Wohnung des „Legationsrats Bunsen, der auf dem höchsten Teil des Kapitols wohnt und ganz Rom übersieht. Es ist ohne Zweifel die schönste Wohnung der Welt, in Rom gibt es nichts Schöneres“.
Christian von Bunsen (1791-1860), Diplomat und Theologe, wurde 1818 Gesandtschaftssekretär und von 1823 – 1838 preußischer Gesandter. 1823 verlegte er den Sitz der Gesandtschaft in den Palazzo. Seine Wohnung war ein Treffpunkt deutscher (vorwiegend protestantischer) Künstler, unter anderen der sogenannten Kapitoliner, die sich von den katholisch klösterlichen Nazarenern absetzen wollten. Aber auch die anderen in Rom anwesenden nordalpinen Künstler fanden in Bunsens Residenz ihren Mittelpunkt. Als Altphilologe hatte er insbesondere archäologische Interessen. Diese machten ihn 1829 zum Mitbegründer und ersten Generalsekretär des »Institutes für Archäologische Korrespondenzen«, des späteren „Deutschen Archäologischen Instituts“ in Rom, das seinen Sitz auf dem Gelände des Palazzo Caffarelli nahm. 1830 bis 1843 veröffentlichte Bunsen (zusammen mit anderen) eine dreibändige „Beschreibung der Stadt Rom“.
Bald kam in Preußen der Wunsch auf, aus dem Mietvertrag für die Gesandtschaft einen Kaufvertrag für den ganzen Palast und seinen Park zu machen und dem Staat damit eine herausragende römische Adresse zu verschaffen. Dieser Ort sollte nun einen beständigen Mittelpunkt deutschen Geisteslebens in Rom bilden und war 1819 Ausgangspunkt für die Gründung der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Rom, die 1823 begann einen ehemaligen Pferdestall im Park des Palazzo Caffarelli zur Kapelle umzubauen. 1835 erwarb Bunsen noch ein angrenzendes Grundstück mit armseligen Gebäuden, auf dem das Archäologische Institut einen kleinen Neubau bekam, der einem griechischen Tempel nachempfunden war. Dies ist der einzige preußische Bau auf dem Kapitol, der bis heute überlebt hat. Auch ein protestantisches Krankenhaus richtete man im Gebäude daneben ein, das aber wegen mangelnder Auslastung zunehmend als Gästehaus (Casa Tarpea) genutzt wurde und für weiteren Zulauf von Preußen auf dem Kapitol sorgte.
Die Kaufverhandlungen für das Gelände erwiesen sich als schwierig, weil Bunsen 1839 wegen der Auseinandersetzungen mit dem Vatikan über die preußische Religionspolitik im Rheinland abberufen wurde und sich die Beziehungen beider Staaten deutlich abkühlten. Mehrere Jahre blieb der Posten des preußischen Gesandten unbesetzt, die Kaufverhandlungen wurden jedoch fortgesetzt. Die Präsenz eines nicht katholischen Landes an solch symbolträchtigem Ort erzeugte jetzt beim Vatikan heftige Widerstände. Der Vorwurf, dass Preußen vor seiner Haustür missionierte und dabei war, die erste protestantische Gemeinde Roms zu gründen, war auch nicht ganz von der Hand zu weisen. Die Verhandlungen zogen sich bis 1854 hin, dann kam es zu einem (umstrittenen) Kaufvertrag.
Auf seiner zweiten Italienreise 1859, die er nach seinem Schlaganfall und seiner Abdankung antrat, wohnte König Friedrich Wilhelm IV. zusammen mit seinem Architekten August Stüler im Palazzo Caffarelli, war aber von der von Schinkel beschriebenen „schönsten Wohnung der Welt“ enttäuscht, weil die preußischen Restaurierungsgelder nicht für den Palazzo sondern die Pflasterung der steilen Auffahrt verwendet worden waren. Dem Zauber des Ausblicks von hier oben konnte er sich aber nicht entziehen, auch nicht dem Stolz, in einem Hause zu wohnen, das einmal als Sitz Kaiser Karls V. gedient hatte. Hier war der König aber einer Fehlinformation aufgesessen.
Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurde der Palazzo Eigentum des Reiches und Residenz des kaiserlichen Botschafters beim Quirinal. Das Missbehagen darüber setzte sich auch im neugegründeten Italien fort, wo man mit dem Kapitolhügel nunmehr nationale Identität verband. Theologische Spitzfindigkeiten aus Berlin, die aus dem Sitz der protestantischen Kapelle an der Stelle des uralten römischen Staatsheiligtums eine Überlegenheit des Protestantismus über den Katholizismus ableiten wollten, trugen auch nicht gerade zur Beliebtheit des „preußischen Kapitols“ bei. Dennoch wurde der unter zweifelhaften Bedingungen vollzogene Kauf der Immobilie staatlicherseits bis 1918 geduldet.
Kaiser Wilhelm II stellte die Toleranz der Italiener allerdings auf eine harte Probe. Er ließ in der von ihm gewohnten protzigen Überheblichkeit den Ballsaal des Palastes durch mythenreiche Fresken sowie die Aufstellung einer Germania und einer fest installierten Thronanlage „verschönern“. Die Kapelle erhielt eine klassizistische Ausstattung mit Werken von Thorwaldsen und anderen. Außerdem entstanden ausgedehnte Neubauten auf dem Grundstück. Das zeugte von wenig Bescheidenheit und Zurückhaltung gegenüber der Ewigen Stadt. Zusätzlich kühlten die deutschen Großmachtpläne das Verhältnis zu Italien erheblich ab, die Italiener sprachen von „prussificazione“ und „germanizzazione“.
Im südlichen Teil des Gartens des Palazzo Caffarelli stand ein mit Girlanden verzierter römischer Marmorsarkophag, dessen Ähnlichkeit der Ornamentik mit Teilen der Ara Pacis ihn in das Augustäische Zeitalter datierte. 1885 wurde er, ohne Bezahlung, mit Genehmigung der römischen Antikenverwaltung ins königliche Museum (Altes Museum) nach Berlin verbracht. Dort erlitt er im zweiten Weltkrieg schwerste Schäden: Der Raum, in dem er stand, brannte völlig aus und der Sarkophag zerbrach in 1000 Stücke. Kürzlich hat man diese zusammengesetzt und ihn wieder im Alten Museum aufgestellt, wo er als rarer noch erhaltener Zeuge von den Deutschen auf dem Kapitol kündet.
Nach dem Kriegseintritt Italiens 1914 auf Seiten der Entente war das finale Stadium der diplomatischen Beziehungen zum italienischen Staat erreicht: Die Abreise des deutschen Botschafters beendete die fast 100-jährige (vor allem kulturelle) Präsenz Preußens und Deutschlands auf dem Kapitol. Sofort nach dem Krieg wurde der deutsche Besitz am Palazzo Caffarelli enteignet. Im Zuge archäologischer Ausgrabungen der Fundamente des Kapitolstempels und der Erweiterung der Kapitolinischen Museen wurde der größte Teil des Palazzo abgerissen, darunter der Flügel mit Kaiser Wilhelms Thronsaal sowie die Kapelle. Nach Abschluss der Arbeiten richtete man hier ein Museo Mussolini (heute Museo Nuovo) als Teil der Kapitolinischen Museen ein, von dem noch die verwahrloste Inschrift unter der Terrassenbrüstung zeugt.
An der Stelle von Wilhelms Thronsaal wurden die Terrasse und das Museumscafe angelegt, von wo aus heute jedermann einen wunderbaren Blick auf Rom hat. Der Palazzo Caffarelli allerdings hat, bis auf einige ausgemalte Säle des Erdgeschosses links vom Eingang, sein Aussehen und seine Identität völlig verloren und ist nur noch eine Adresse mit nobler Vergangenheit und interessanter Geschichte.
II Berühmte Renaissancepaläste und die Geschichte ihrer Bewohner
6 Palazzo Venezia
Als frühestes Beispiel eines römischen Renaissancepalastes gilt der Palazzo Venezia am Kapitol, den der venezianische Kardinal Pietro Barbo neben der Kirche San Marco von 1455 bis 1467 erbauen ließ. Zuerst errichtete er als Kardinalsresidenz einen quadratischen Vierflügelbau, in den die wesentlich ältere Kirche integriert wurde. Diese war ursprünglich dem wenig bekannten Märtyrer Papst Markus († 336) geweiht, erst nach der Errichtung des Palazzo Venezia ging dann das Patronat auf den Evangelisten Markus, den Stadtheiligen Venedigs, über. Kardinal Barbo wurde 1464 zum Papst gewählt (Paul II. 1464 – 1471) und verlegte die päpstliche Residenz in den Palazzo. Dabei wurde das Areal des alten Kardinalspalastes durch die Anlage eines weiteren, diesmal rechteckigen Vierflügelbaus, in dessen Mitte ein Garten angelegt wurde, erheblich erweitert. Den Garten umgab eine mit Zinnen bekrönte Loggia, die man wenig später aufstockte.
Die päpstliche Residenz wurde nach Pauls II. Tod wieder zurück in den Vatikan verlegt und der Palazzo Venezia kam in die Hände des Kardinals Marco Barbo, eines Neffen des Papstes. Von 1567 bis 1797 war er im Besitz der Republik Venedig und diente unter dem Namen Palazzo San Marco dem venezianischen Botschafter als Amtssitz beim Heiligen Stuhl. Während dieser Zeit beherbergte der Palast eine Reihe illustrer Gäste, wie den französischen König Karl VIII., Kaiser Karl V., Papst Paul III. Farnese und Papst Clemens VIII.
Die Republik Venedig fiel nach ihrer Auflösung 1797 an Österreich und ebenso ihre römische Residenz. Während der kurzen Herrschaft Napoleons in Italien zwischen 1806 und 1814 verwahrloste der Palazzo, der Innenhof wurde als Markt benutzt. Zurück gegeben an Österreich, wurde er schließlich unter Leitung des Wiener Architekten Anton Barvitius restauriert, jedoch 1916, im ersten Weltkrieg, als Besitz des Feindes vom italienischen Staat annektiert und enteignet.
Im Faschismus nahm Mussolini dort seinen Regierungssitz, hielt vom Balkon des Palastes die berüchtigten Reden an die Römer und proklamierte unter anderem 1940 den Eintritt Italiens in den Krieg gegen Frankreich und Großbritannien. Hitler, als Gast des italienischen Königs, durfte zu seinem großen Ärger beim Staatsbesuch 1938 nur im benachbarten Monumento Nazionale, nicht aber am Sitz seines Gesinnungsgenossen Mussolini auftreten.
Um Platz für die Errichtung des Nationaldenkmals zu Ehren von Viktor Emanuel II. – dem ersten Herrscher des neu entstandenen Italien – zu schaffen, wurde zwischen 1885 und 1911 ein großer Teil der den Palazzo umgebenden Bebauung abgerissen. Ebenso verfuhr man mit dem in die neu geplante Piazza Venezia ragenden Bauteil des Palastes. Er wurde links neben der Kirche S. Marco rekonstruiert. Auf der gegenüberliegenden Seite der Piazza Venezia entstand 1911 als Gegenstück und exakte Kopie des Palazzo Venezia das Gebäude der Versicherungsgesellschaft Assicurazioni Generali.
Mit seiner dreistöckigen rotbraunen Putzfassade und dem mächtigen seitlichen Turm, den mit Travertin umrahmten Fensterreihen (unten rundbogig, in der Mitte mit Kreuzstock, oben quadratisch) und dem abschließenden Zinnenkranz hat der Frührenaissancebau durchaus noch mittelalterlichen Charakter. Der eigentliche Eindruck vom Stil der Renaissance wird erst in der Hofloggia deutlich. Wie bereits erwähnt, übernahm man dort die so genannte Superposition der Dekoration des Kolosseums (allerdings nur zweistöckig): geschossweise übereinandergestellte Pilaster in der Reihenfolge dorisch, (ionisch), und korinthisch.
Der Palazzo dient heute als Haus für Sonderausstellungen und als Sitz des Museo di Palazzo Venezia mit einer bedeutenden Waffensammlung, einer Sammlung hervorragender Wandteppiche, sowie einer Sammlung hochwertiger Silberarbeiten und Holzschnitzereien. Es ist im Appartamento Barbo, der einstigen Wohnung des Erbauers und dem Appartamento Cibo, der Wohnung des Kardinals Giovanni Battista Cibo untergebracht. Cibo war als Innozenz VIII. (1484-1492) einer der berüchtigten Renaissancepäpste. Inquisition, Hexenprozesse, Nepotismus (hier einmal nicht zugunsten der Neffen sondern der eigenen leiblichen Kinder) kennzeichnen seinen Pontifikat. Die Finanznöte des Heiligen Stuhls behob der Papst durch Annahme jährlicher Bestechungsgelder vom türkischen Sultan Bayezit II. als Gegenleistung für die (Bayezits Thron sichernde) Inhaftierung von Prinz Cem, dem jüngeren Bruder des Sultans. Dieser war als Geisel an den Papst ausgeliefert worden, welcher sich nicht scheute, daraus ein lukratives Geschäft mit dem Glaubensfeind zu machen.
Hinter einer gegenüber dem Kapitol befindlichen Loggia liegt die von Papst Gregor IV. (828-844) weitgehend erneuerte und im 18.Jh. barockisierte Kirche S. Marco. Die Mosaiken der Apsis stammen noch aus der Zeit Gregors IV. und zeigen ihn neben Christus, das Modell der Kirche tragend. Der quadratische Heiligenschein kennzeichnet den Papst als – zur Zeit der Entstehung des Mosaiks- noch Lebenden.
7 Piazza und Palazzi Mattei
Der Schildkrötenbrunnen
Auf der von Renaissancegebäuden umstandenen Piazza Mattei steht der Schildkrötenbrunnen. Der Brunnen verdankt seine Entstehung der Erneuerung der Wasserversorgung Roms im 16. Jahrhundert. Papst Sixtus IV. hatte den antiken Aquädukt der Acqua Vergine wieder herstellen lassen und beauftragte seinen Architekten Giacomo della Porta, der gerade die Kuppel des Petersdoms fertiggestellt hatte, mit dem Bau von 18 Brunnen für die Bewohner der Altstadt. Bisher waren die Römer auf selbst gegrabene Brunnen oder das schlammige Wasser des Tibers angewiesen. Nun sollte wieder, wie schon in der Antike, sauberes Wasser aus den Sabiner Bergen nach Rom geleitet werden. Der Brunnen war eigentlich auf dem Markt des nahen Judenghettos vorgesehen, doch der Marchese Mattei sorgte für die Verlegung vor seinen Palazzo und verpflichtete sich zur Pflege und Unterhaltung. Aus dem reinen Funktionsbau sollte deshalb auch ein Kunstwerk werden, eine Pyramide aus Figuren, die Giacomo della Porta 1581 in Zusammenarbeit mit dem Bildhauer Taddeo Landini schuf.
Der Brunnen besteht aus einem quadratischen Becken mit abgerundeten Kanten. In der Mitte erhebt sich ein von vier kleinen muschelförmigen Becken umgebener Sockel aus Portasanta-Marmor, der eine runde Brunnenschale aus afrikanischem Marmor trägt. Unter dem Rand der Schale befinden sich Puttenköpfe, deren Münder Wasser in das große Brunnenbecken speien. An die architektonische Struktur des Brunnens sind Skulpturen angefügt, vier Epheben in gleicher, symmetrischer Pose, die einen Fuß auf jeweils einen der Delfine stellen und dessen Schwanz in einer Hand halten, während sie den anderen Arm zur oberen Schale erheben. Aus den Mäulern der Delfine ergießt sich Wasser, das in den Muscheln gesammelt wird.
Ursprünglich sollten auf der oberen Schale vier weitere Delphine stehen. Auf sie musste della Porta jedoch verzichten, da der Wasserdruck für die geplante Höhe nicht ausreichte. Der Eindruck, dass die Jünglinge nach oben ins Leere griffen, wurde erst bei der Restaurierung 1658 getilgt. Im Auftrag von Papst Alexander VII. wurden von Gian Lorenzo Bernini oder Andrea Sacchi vier Schildkröten hinzugefügt, die von den Epheben auf die obere Brunnenschale geschoben werden. Seitdem trägt der Brunnen den heutigen Namen.
Isola Mattei – Palazzo Mattei di Giove
Ein Teil des die Piazza Mattei umgebenden Geländes wird Isola Mattei genannt, weil sich in einem Häuserblock (isola) zwischen Via de‘ Funari und Via delle Botteghe Oscure gleich fünf Paläste dieser römischen Adelsfamilie befinden. Die Mattei waren während des Mittelalters zu einer der reichsten römischen Familien aufgestiegen, da sie die Brücken über den Tiber im Bereich der Tiberinsel kontrollierten. Das sicherte ihnen hohe Zolleinkünfte und praktisch die Herrschaft über das linke Tiberufer. Ihre rege Bautätigkeit, wie auch die anderer römischer Patrizierfamilien, deutet auf große wirtschaftliche Macht hin. Es entstanden der Palazzo Mattei Caetani, der Palazzo Mattei di Giove, der Palazzo Mattei di Paganica und der Palazzo di Giacomo Mattei. Auf den Ruinen des antiken Balbustheaters, dessen Material weitgehend wiederbenutzt wurde, ließ die mächtige Familie das erste wichtige Gebäude des Komplexes errichten. Nach dem Wiedererstarken des Papsttums in der Renaissance besetzte die Familie hohe Ämter in der päpstlichen Kurie und brachte bedeutende Kunstsammler wie Ciriaco Mattei sowie acht Kardinäle hervor.
Gleich drei Brüder aus dem Hause Mattei standen um 1600 im Lichte der Öffentlichkeit: Bankier Ciriaco (1545 – 1614), Kardinal Girolamo (1546 – 1603) und Herzog Asdrubale Mattei (1556 – 1638). Durch den Erwerb der Herrschaft Giove 1597 stand Ciriaco und Asdrubale der Titel Marchese di Giove zu. Die Herrschaft wurde später zum Herzogtum (Ducato) aufgewertet, seitdem nannte sich Asdrubale Duca di Giove. Wegen der Assoziation des Ortsnamens Giove mit Zeus/Jupiter wählte er den Adler als Familienwappen. Er war derjenige, der den Palazzo Mattei di Giove an der Via dei Funari in Rom zwischen 1598 und 1611 den anderen Mattei-Palästen hinzufügte. Als leitenden Architekten bestimmte er Carlo Maderno.
Maderno, päpstlicher Architekt und Ingenieur, war in Rom zunächst zum Stuckateur ausgebildet worden. Dieser Beruf hatte im ausgehenden 16. Jahrhundert einen merklichen Aufschwung genommen, denn im Gegensatz zu früher fand Stuck nicht mehr vornehmlich im profanen Bereich Anwendung, sondern – ausgelöst durch die Gegenreformation, die attraktive, prächtige Gotteshäuser forderte – jetzt auch vermehrt in Kirchen.
In Madernos Bauten wird seine Stuckateurausbildung immer wieder sichtbar. Er verwendet Stuck als Dekorationselement in reichem Maße und erreicht dabei eine Feinheit, wie sie sonst besonders von antiken Beispielen her bekannt ist.
Der Palazzo Mattei ist der einzige von Maderno entworfene und vollständig ausgeführte Palast in Rom. Während die auf traditionellem Schema basierenden Fassaden fast ohne architektonischen Schmuck auskommen, zeigt sich im Treppenhaus ein wechselndes Spiel von Flach- und Halbreliefs, aus denen hier und da ein vollplastisch modelliertes Haupt herausblickt oder sich ein wundervoll gearbeiteter Blütenkelch öffnet. Die malerischen Innendekorationen des Palastes stammen von unterschiedlichen Künstlern, darunter Pietro da Cortona.
Das Glanzstück dieses Palastes ist der Innenhof (cortile). Sein Viereck umfasst auf der Eingangsseite eine zweigeschossige Loggia, ihr gegenüber liegt eine Terrasse, während die beiden Seiten fast fensterlos sind, um eingelassenen antiken Reliefs und Büsten Platz zu lassen. Dieser Hof diente der Präsentation der Antikensammlung des Besitzers. Dies ist von besonderer Bedeutung für die Architekturgeschichte, ist hier doch zum ersten Male eine Art Freilichtgalerie verwirklicht. Ausgehend von den vielen Fundstücken aus der Ruine des benachbarten antiken Balbus-Theaters, die beim Bau der Mattei-Paläste ans Tageslicht kamen, bauten die Mattei eine Antikensammlung auf, die ständig erweitert wurde und schließlich eine der wichtigsten Sammlungen antiker Marmorskulpturen in Rom geworden war. Maderno verstand es auf einzigartige Weise, den reichen Antikenbestand der Mattei in die Architektur einzubinden: Große Sarkophagreliefs, Büsten und vollplastische Statuen verschmelzen mit dem Palazzo zu einem harmonischen Gesamteindruck.
Besonders im Cortile ist die Verbindung nicht ohne Witz: Neben jedem Fenster des Piano Nobile ist ein antikes Grabrelief eingepasst, so dass die Verstorbenen gleichsam in den Hof hinunterblicken. Das Zusammenspiel von antiken Elementen und neuer Architektur war zwar durch die Villa Medici in Rom bereits bekannt. So raffiniert auf einander abgestimmt wie im Palazzo Mattei wurde es aber nie wieder inszeniert.
Die Skulpturensammlung wurde durch eine Gemäldegalerie im Innern des Palazzo ergänzt. Im angrenzenden Palazzo Mattei Caetani (Eingang in der Via delle Botteghe Oscure) befand sich die vom Kardinal Girolamo und Marchese Ciriaco angelegte Gemäldegalerie mit den bekannten Caravaggio-Bildern. Wahrscheinlich lebte und malte Caravaggio 1601/02 in diesem Mattei-Palast auf Empfehlung von Asdrubale Mattei, der den Maler schon kannte, bevor dieser berühmt wurde. Der Bankier Ciriaco Mattei, Asdrubales Bruder, hatte bei Caravaggio ein Gemälde Johannes des Täufers, des Namensgebers seines ältesten Sohnes Giambattista, bestellt. Caravaggio wählte dafür dasselbe Modell wie für den berühmten Amor aus der Sammlung Giustiniani, ob auf Wunsch von Mattei, ist unklar. Die anderen Bilder des Malers für die Mattei waren das „Emmausmahl“ und die „Gefangennahme Christi“.
Mit dem Aussterben der Mattei di Giove im 18. Jh. wurde die berühmte Sammlung Mattei im Kunsthandel verkauft. Die Caravaggio-Bilder hatten ihr eigenes Schicksal: Das Johannesbild wurde schon 1623 an den berühmten Mäzen und Caravaggio-Sammler Kardinal Del Monte vererbt. Auf Umwegen gelangte es aus Del Montes Erbe an die Stadt Rom, die es unerkannt seit 1749 verwahrte. 1953 wurde es im Zimmer des Bürgermeisters wieder entdeckt und identifiziert. Seitdem hängt es in der Pinacoteca Capitolina.
Das „Emmausmahl“ wurde an den Kardinal Scipione Borghese verkauft und von dort aus weiter an die National Gallery in London. Die „Gefangennahme Christi“ galt als verschollen. Erst kürzlich fand man heraus, dass das Bild immer öffentlich zugänglich, aber unerkannt in England ausgestellt war: Ein Engländer hatte es als Honthorst-Gemälde 1802 von den Mattei-Erben gekauft und mit in die Heimat genommen. Bis 1921 war es dort nachzuweisen, verschwand dann aber. Erst in den 1990-er Jahren entdeckte es ein italienischer Restaurator in einem Dubliner Jesuitenkonvent. Nach der Restaurierung und Identifizierung als Original befindet es sich jetzt in der National Gallery of Ireland in Dublin.
Der Palast wurde von den Marchesi Antici di Recanati übernommen, bis ihn 1938 der Staat erwarb. Heute ist hier das Centro Italiano di Studi Americani untergebracht.
8 Palazzo Madama
Der Palazzo Madama geht aus einem Gebäude hervor, das um 1500 als Mitgift in die Hände der Medici gelangte und als Wohnsitz für zwei Vettern aus der Familie diente, Giovanni und Giulio de‘ Medici, beide zum Kardinal und später sogar zum Papst erhoben. (Leo X. und Clemens VII.). Leo (1475 in Florenz; † 1521 in Rom) war von 1513 bis zu seinem Tod Papst. Aus dynastischen Gründen bereits mit 14 Jahren zum Kardinal ernannt, (eine solche Ernennung „in pectore“ stand dem Papst zu, wurde aber stets geheim gehalten), plante er nach seiner Wahl zum Papst 1513 tiefgreifende städtebauliche Veränderungen in Rom, so auch einen Neubau dieses Palastes durch Giuliano da Sangallo. Es war ein ambitioniertes Projekt, das unter anderem die Verbindung des Palazzo mit der nahe gelegenen Piazza Navona durch einen großen Portikus vorsah. Sangallos Pläne wurden allerdings nie verwirklicht und der Palast blieb bis ins 17. Jahrhundert in seinem mittelalterlichen Zustand.
Unfreiwillig wurde Leo X. zu einem großen Veränderer Europas, denn in sein Pontifikat fällt die Reformation, nicht zuletzt hervorgerufen durch die Missstände in der katholischen Kirche, die er zum Teil selbst mit verursacht hatte. Zum Zeitpunkt seiner Wahl war er nicht einmal Geistlicher. Als Motto seines Papsttums soll er angeblich den Spruch geprägt haben: „Da Gott Uns das Pontifikat verliehen hat, so lasst es Uns denn genießen.“ Deshalb war er Vergnügungen aller Art nicht abgeneigt. Er hatte seinen Hofnarren stets dabei und ließ ihn prügeln, sobald der nicht witzig genug auftrat. Angeln und Jagen, prunkvolle Feste und Karnevalsumzüge gehörten zu seinen bevorzugten Leidenschaften. Es hieß, in seiner Menagerie sei der indische Elefant Hanno sein Lieblingstier gewesen, ein Geschenk des portugiesischen Königs Manuel I., der sich davon päpstliche Gunst bei seiner Auseinandersetzung mit den Spaniern erhoffte. Einem von Manuel dem Elefanten nachgelieferten Nashorn, das Rom aber leider nur ausgestopft erreichte, war es immerhin vergönnt, von Raffael als Gemälde im Vatikan verewigt zu werden. Religiösen Dingen schenkte Leo dagegen, wie viele seiner Vorgänger, wenig Aufmerksamkeit. Er galt auch als kein besonders gläubiger Christ, so wird ihm der Satz: „Alle Welt weiß doch, wie viel uns diese Fabel von Christus eingebracht hat“ zugeschrieben. Auch Leos Vetter Giulio bewirkte als Papst Clemens VII. (* 1478 in Florenz; † 1534 in Rom) eine für die Kirche ähnlich verhängnisvolle Entwicklung. Die Forderung Heinrichs VIII. von England, seine Ehe mit Katharina von Aragón zu scheiden, lehnte er ab, worauf der englische König sich und sein Land vom Papst lossagte, was eine weitere Schwächung des Katholizismus bedeutete.
Zwei Frauen, die in der europäischen Geschichte eine bedeutende Rolle spielten, waren Bewohnerinnen des Palazzo Madama: Katharina von Medici und Margarete von Parma. Während der Unruhen in Florenz, ausgelöst durch die Verschwörung gegen die Medici, lebte Caterina de’ Medici als Zwölfjährige ab 1530 für zwei Jahre bei ihrer Großtante, einer Schwester Leos X. im Palazzo Madama. In ihre Heimatstadt kehrte sie erst 1532 zurück, anlässlich der Inthronisation von Alessandro de’ Medici, dem unehelichen Sohn Clemens VII., als Herzog von Florenz. Dort nahm dann ihre Karriere den Anfang, die sie als Frau Heinrichs II. und als Regentin für dessen Nachfolger Heinrich III. und Heinrich IV. auf den französischen Thron brachte.
Der illegitime Papstsohn und Herzog von Florenz, Erbe des Palazzo Madama, heiratete 1537 die erst 14jährige Margarete von Parma, eine ebenfalls illegitime Tochter Kaiser Karls V. Nur wenige Monate nach der Hochzeit wurde Alessandro von einem entfernten Vetter in Florenz ermordet und die junge Witwe lebte für ein Jahr als „Madama Medici“ in dem Palast, der nach ihr jetzt den Namen Palazzo Madama bekam. (Auch ihr weiterer Lebensweg ist bedeutend und mit der europäischen Geschichte verwoben: 1538 veranlasste ihr Vater die Ehe der nun 16jährigen mit dem 14jährigen Ottavio Farnese, dem Herzog von Parma. Während ihr ungeliebter Gemahl um sein Herzogtum kämpfte, ging Margarete eigene Wege. 1559 bekam sie von ihrem Halbbruder Philipp II. von Spanien die Statthalterschaft über die Niederlande übertragen und zog nach Brüssel. Mitten im Freiheitskampf der Niederlande betrieb sie lange Zeit vergeblich eine auf Versöhnung ausgerichtete Politik. Schließlich wurde sie 1567 durch das Schreckensregiment Herzog Albas abgelöst und kehrte ins Herzogtum ihres Gemahls nach Italien zurück, wo sie 1586 in Ortona starb).
Ein weiterer bemerkenswerter Bewohner des Palazzo Madama war Francesco Maria Del Monte (1549 – 1627). Er war ein Protegé von Kardinal Ferdinando de‘ Medici, dessen Interessen in Rom er vertrat, als dieser zum Großherzog der Toskana und Del Monte selbst zum Kardinal aufgestiegen war. Aus der engen Verbindung zum Hause Medici erklärt sich auch, dass er bis zu seinem Lebensende deren Palazzo Madama bewohnen durfte. Die Medici hatten sich inzwischen die wesentlich repräsentativere Villa Medici auf dem Pincio als ihren Hauptsitz in Rom ausgebaut. In seiner Funktion als Kardinal erwies sich Del Monte als vollendeter Diplomat und Verwaltungsmann, neben seiner Verbindung zur Toskana vermittelte er in der Auseinandersetzung zwischen den französischen und den habsburgisch-spanischen Versuchen, auf den Heiligen Stuhl Einfluss zu gewinnen. 1621 war er sogar als Kandidat für die Papstwahl im Gespräch, doch wegen seiner pro französischen Sympathien konnte er keine Mehrheit im Konklave finden, das pro-römisch geprägt war.
Del Monte war ein hoch gebildeter Mann mit besonderen Interessen für Naturwissenschaft, Musik und Malerei. In seinem Palast befand sich mit etwa 700 Bildern eine der größten Gemäldesammlungen der Stadt. Meisterwerke der zeitgenössischen Bologneser Schule, aber auch Niederländer wie Gerard van Honthorst und David Teniers gehörten dazu. Zusammen mit seinem Bruder unterstützte Del Monte Galileo Galilei und im Jahre 1595 nahm er den damals gerade die Malerei revolutionierenden Maler Caravaggio im Palazzo Madama auf. Dieser wurde Mitglied des Haushalts, durfte aber auch für Auftraggeber außerhalb des Hauses arbeiten. Im Auftrag des Kardinals entstanden Werke wie die „Musizierenden Knaben“, der „Lautenspieler“ und der Prunkschild mit dem „Haupt der Medusa“. Er gab auch das Deckenbild „Jupiter, Neptun und Pluto“ in seinem alchimistischen Laboratorium auf dem Pincio (heute Casino Ludovisi) in Auftrag. Es ist offensichtlich, dass Caravaggio von der geistvollen Atmosphäre im Hause Del Monte stark profitierte.
Bis 1638 behielt der Palazzo Madama sein mittelalterliches Aussehen, dann erschien den Medici diese Behausung als nicht mehr angemessen. Sie beauftragten den wenig bekannten Florentiner Architekten Paolo Marucelli mit der Ausarbeitung eines Entwurfs für den Umbau.
Der sah eine neunachsige, durch Rustikaquader an den Ecken gegliederte, dreistöckige Fassade mit von Segmentgiebeln bekrönten Ädikulafenstern im piano nobile vor. Das zweite Obergeschoß erhielt kräftige Dreiecksgiebel, den Abschluß bildete ein Mezzaningeschoss. Flache Gesimsbänder trennen die Vollgeschosse. Aus den Fenstergewänden herauswachsende Karyatiden tragen die Segmentgiebel im piano nobile und verleihen der Fassade Plastizität, die kräftigen Dreiecksgiebel des zweiten Obergeschosses sind unten aufgebrochen, um große, als Relief ausgebildeten Florentiner Lilien zu umrahmen. In einem Fries zwischen den Mezzaninfenstern spielen Putten mit Löwen – eine Anspielung an den Namen des Medici-Vorfahren, Papst Leo X.
Marucellis 1642 vollendetes Werk wurde in Rom nicht durchgängig positiv bewertet, dennoch wirkte es bis nach Berlin weiter. Tilman van Gameren (1632-1706) – aus den Niederlanden stammender Architekt – besuchte während seiner Ausbildung Rom und Italien, wo er den polnischen Fürsten Lubomirski kennen lernte, der ihn nach Polen einlud. Dort erhielt er viele Aufträge, blieb im Lande und wurde schließlich der bedeutendste Barockarchitekt Polens. Eines seiner Hauptwerke, das Krasiński-Palais in Warschau (1689–1695), enthält die gleichen in die Gebälkzone hineingedrückten Mezzaninfenster wie der Palazzo Madama. Van Gameren besaß nachweislich das von Pietro Ferrerio verfasste Buch „I Palazzi di Roma“, 1655 in Nürnberg erschienen, in dem ein Fassadenaufriss des Palazzo Madama enthalten war. „Assistent der Bauleitung“ beim polnischen Palais war der spätere Berliner Schlossbaumeister Andreas Schlüter, der auch die Skulpturen dafür anfertigte. Schlüter dürfte das römische Vorbild des Palais Krasiński spätestens 1696 bei seinem urkundlich belegten Rom-Besuch selbst gesehen haben. Beim Entwurf für den Neubau des Berliner Schlosses 1699 bis 1706 verwendete er – natürlich unter Verwendung einer eigenen „Handschrift“ – die gleiche Fassadengestaltung, wie Marucelli beim Palazzo Madama.
Während die Fassade des Palazzo Madama bis heute hervorragend erhalten ist, hat man das Innere im 20. Jh. seiner neuen Funktion als Sitz des Senats angepasst. Die an die Rückseite in der Via della Dogana Vecchia angrenzenden Gebäude wurden in den Komplex integriert und dienen ebenfalls dem italienischen Senat.
9 Palazzo Giustiniani
Gegenüber der Rückseite des Palazzo Madama, in der Via della Dogana Vecchia, steht der Palazzo Giustiniani. Was wir heute vor uns sehen, ist das Ergebnis vieler Umbauten und zeigt das Erscheinungsbild des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Wegen seiner Bewohner und ihrer Kunstsammlungen ist er dennoch von großem Interesse, insbesondere für die Berliner, stammt doch ein wichtiger Teil der Bilder der Gemäldegalerie von hier.
Die Ursprünge des Palazzo gehen ins 16. Jh. zurück, als ein Monsignor Andrea Vento 1585 einen kompletten Häuserblock, der auf den Resten der Nerothermen stand, aufkaufte und zu einem Palast umbauen ließ. Schon fünf Jahre später wurde dieses Gebäude von dem Adligen Giuseppe Giustiniani für seine Söhne Vincenzo und Benedetto gekauft. In der Folge wurde der Palast ständig weitergebaut, darunter von so renommierten Architekten wie Maderno, Rainaldi und Borromini. Die lange und komplizierte Baugeschichte zeigt sich in den verwinkelten Grundrissen des Komplexes.
Die schlichte neunachsige Hauptfassade an der Via della Dogana Vecchia besitzt ein aus der Mitte gerücktes Portal in der sechsten Achse von links, Seitenfassaden befinden sich südlich zur Salita de’Crescenzi und nördlich zur Via Giustiniani. Im Innern findet sich noch das von Borromini entworfene Treppenhaus. Der fünfachsige Festsaal liegt an der nördlichen Seitenfassade. Die wandfeste Innendekoration vieler Räume ist noch weitgehend erhalten. Eine Putzrustika strukturiert an den Obergeschossen den Innenhof. Dort befinden sich auch die Reste der Sammlung antiker Marmorskulpturen der Giustiniani.
Die Giustiniani waren Vertreter des hohen genuesischen Geldadels und regierten die griechische Insel Chios. Dort entwickelten sie das System der Aktiengesellschaft und wurden ungeheuer reich. Nach der osmanischen Eroberung des östlichen Mittelmeers verließen sie die Insel, ein Zweig der Familie unter Giuseppe Giustiani baute eine Dependance in Rom auf, wo ein Verwandter bereits Kardinal war. Giuseppe kaufte den Palast und bestimmte ihn zur Familienresidenz. Unter seinen Söhnen, Kardinal Benedetto (1555-1621) und Bankier Vincenzo Giustiniani (1564-1638) hatte der Palast seine größte Zeit. Er beherbergte nun eine gewaltige Sammlung von Kunstwerken, die die Brüder aufgebaut hatten. Sie zählte mehr als 1800 antike Statuen und eine bedeutende Gemäldegalerie, die wir wir dem interessanteren der beiden Brüder, Vincenzo Giustiniani verdanken.
Im Jahre 1564 noch auf Chios geboren, verließ er 1566 mit seiner Familie die genuesische Kolonie auf der Flucht vor den Osmanen. Die Familie begab sich nach Rom, wo er aufwuchs. Als ein Mann mit vielseitigen Interessen beschäftigte er sich neben dem Beruf mit den unterschiedlichsten Dingen, von Geschichte und Philosophie über Astrologie und Medizin bis zur Wahrsagerei. Das Verzeichnis seiner Bücherei im Palazzo Giustiniani enthält fast 400 Werke. 1606 unternahm er eine fünfmonatige Reise, die ihn über Deutschland nach England und auf dem Rückweg über Frankreich führte. Sein besonderes Interesse galt der Malerei, große Bewunderung hegte er für den Maler Caravaggio, der um 1600 in Rom für Furore sorgte.
Giustiniani erkannte das herausragende Talent des Malers, förderte ihn und kaufte 15 seiner Bilder für seine Gemäldesammlung an. Das Hauptwerk „Amor vincit omnia“ hatte einen besonderen Platz in seiner Sammlung: Es war hinter einem Vorhang verborgen, der nur gelüftet wurde, wenn das Werk als Höhepunkt präsentiert werden sollte. Spötter sagten allerdings, dass der Vorhang zugezogen wurde, wenn der Kardinal Benedetto Giustiniani die Galerie betrat, um ihn durch die provozierende Pose des nackten Amor nicht zu irritieren. Um die Wirkung des Gemäldes noch weiter zu steigern, platzierte der Bankier einen Gegenentwurf zum Amor vom Konkurrenten und ärgsten Feind Caravaggios, Giovanni Baglione direkt daneben, wodurch die Überlegenheit von Caravaggios Kunst offensichtlich wurde.
Vincenzo Giustinianis Testament enthielt einen Fideikommiss, ein juristisches Mittel, das die Auflösung der Sammlung nach seinem Tod zu verhindern sollte. 1815 wurde sie dennoch in Paris zum Kauf angeboten. Fürst Torlonia versuchte vergeblich, sie für Italien zu erhalten, konnte jedoch nichts ausrichten. Friedrich Wilhelm III. von Preußen erwarb 158 der Gemälde, die 1830 zum Aufbau der Gemäldesammlung im Alten Museum in Berlin dienten. Im zweiten Weltkrieg erlitt die Berliner Galerie schwerste Verluste, allein drei Caravaggio-Gemälde verbrannten im Flakbunker Friedrichshain. Heute ist die Sammlung in der Gemäldegalerie am Potsdamer Platz untergebracht, immer noch hängen dort, neben vielen anderen Schätzen, Caravaggios und Bagliones Amor, wie einst im Palazzo Giustiniani, nebeneinander.
Nach dem Aussterben des Hauses Giustiniani wurde der Palast mehrere Male verkauft und umgebaut, zuletzt um 1900. Schließlich erwarb ihn 1926 der italienische Staat und machte ihn zum Sitz des Senatspräsidenten. Neben dessen Prachtappartement gibt es in der ehemaligen Hausbibliothek die Sala della Costituzione, wo 1947 die Verfassung des italienischen Staates unterzeichnet wurde. Außerdem sind eine Druckerei und Büros im Hause untergebracht.
10 Palazzo Altemps
Der kürzlich umfassend restaurierte und in den Besitz der Stadt Rom gelangte Palazzo Altemps zählt wegen der wegen der bewegten Geschichte seiner früheren Bewohner zu den interessantesten Palazzi Roms. Aufgrund der dort untergebrachten Kunstsammlungen und der guten Erhaltung ist er ein Juwel, das exemplarisch für das Rom der Renaissance steht.
1480 ließ ihn Papst Sixtus IV. für seinen Neffen Girolamo Riario della Rovere erbauen, nachdem er diesen vom Grünzeugkrämer zum Grafen erhoben hatte. Wie auch der päpstliche Onkel zählte Riario zu denjenigen, die das Ansehen der katholischen Kirche zu ihrer Zeit am meisten ruinierten. Sixtus war mit allen Mitteln bestrebt, seinem Neffen eine adlige Herrschaft zu verschaffen. Zu diesem Zwecke säte er Streit unter den italienischen Baronen und ergriff völlig willkürlich mal Partei für die eine Seite, mal für den Gegner. Mit viermal wechselnden Kriegsbündnissen versuchte Sixtus Mailand, Florenz, die Romagna, Ferrara und Neapel dem Grafen in die Hände zu spielen. Dieser mischte sich unterdessen in die Streitigkeiten um die Herrschaft in Florenz ein und beteiligte sich an der Pazzi-Verschwörung gegen die Medici. Nach dem Scheitern aller hochgestochenen Pläne belehnte ihn sein Onkel mit der Herrschaft Forlì in Oberitalien, wo Riario eine despotische Herrschaft führte. 1488 wurde er dort von zwei jungen Adligen, deren Familie er zuvor benachteiligt hatte, ermordet.
Der Onkel und Förderer, Sixtus IV., war ein eifriger Verfechter des Nepotismus. Er brachte gleich fünf eigene Verwandte in hohe Positionen und trachtete danach, ihren Einfluss in Italien zu vermehren. Rom versank zu der Zeit im Chaos, weil die führenden Adelsgeschlechter erbitterte Kämpfe gegeneinander ausfochten, die, von Sixtus zusätzlich angestachelt, auf das ganze damalige Italien übergriffen. Im kirchlichen Bereich erneuerte er die Inquisition und erklärte die Dekrete des Konzils zu Konstanz für ungültig, weil sie einen Vorrang des Konzils vor dem Papst beinhalteten. Der einzige Höhepunkt seines Pontifikats blieb der Bau der Sixtinischen Kapelle im Vatikan, Am Ende seines Lebens war Sixtus so verhasst, dass das römische Volk 1484 nicht nur seinem Leichenzuge Steine nachwarf, sondern auch den Palast seines unbeliebten Neffen verwüstete.
Nach zeitweiligem Leerstand und anschließender Renovierung diente der Palazzo dann als Kardinalswohnung. Neuer Besitzer wurde 1568 der deutsche Kardinal und Bischof von Konstanz, Mark Sittich von Hohenems, dessen italienisierter Nachname Altemps dem Gebäude den bis heute existierenden Namen Palazzo Altemps gab. Mark Sittich ließ den Palast erweitern und grundlegend erneuern und beauftragte damit Martino Longhi den Älteren. Dieser schuf im Innern einen der schönsten Höfe Roms, sein Sohn Onorio Longhi entwarf die Fassade des Baus. Auch eine geräumige Kapelle, die Cappella di Sant’Aniceto, wurde eingebaut, in der die Reliquien des frühchristlichen Papstes Anicetus aufbewahrt werden, die Kardinal Hohenems von Papst Clemens VIII. geschenkt bekam. Durch diese Umstände ist Anicetus der einzige Papst, der in einem Privathaus ruht.
1595, nach dem Tode von Mark Sittich, wurde der Palast von verschiedenen Personen (darunter dem französischen Kardinal Polignac) und später von Institutionen genutzt, zuletzt das vom Reformpapst Leo XIII. gegründete Spanische Seminar. Von 1960 an stand das Gebäude leer und verfiel zusehends, bis es der Staat 1982 kaufte. Es folgte eine langjährige, umfangreiche Restaurierung, bei der Reste eines römischen Hauses im Keller und die unter mehreren Übertünchungen verborgene Renaissancedekoration der Räume des Grafen Riario freigelegt wurden. Erst 1997 konnte das Gebäude als Teil des Museo Nazionale Romano wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Es beherbergt jetzt antike Kunstwerke aus den Sammlungen Hohenems, Ludovisi und Mattei. Die im 19. Jh. berühmte Sammlung Ludovisi hatte im alten Thermenmuseum eine kümmerliche Existenz gefristet, weil man mit den klassizistisch ergänzten antiken Statuen im 20. Jh. nicht mehr viel anfangen konnte. Heute sieht man eine solches Zeugnis adliger Sammelleidenschaft im Originalzustand und unter den damaligen vergleichbaren Ausstellungsbedingungen als Glücksfall, zumal sich auch zwei, selbst für verwöhnte Rombesucher, absolute Highlights darunter befinden. Als erstes der „Ludovisische Thron“, ein griechisches Original aus dem 5. Jh. v. Chr., das die Geburt der Aphrodite aus dem Meer darstellt. Der Name „Thron“ ist irreführend, wahrscheinlich handelt es sich um einen Altar aus Großgriechenland, also Süditalien oder Sizilien. Als zweites die aus Pergamon stammende Statue eines Galaters, der seine Frau und sich nach verlorener Schlacht tötet.
11 Palazzetto del Burcardo
Dieser kleine Palazzo im Stile der Spätgotik und beginnenden Renaissance (ein rares Exemplar dieser Stilrichtung in Rom!) liegt in der Via del Sudario, unweit des Largo del Torre Argentina, einem Platz mit eindrucksvollen Ausgrabungen aus römisch-republikanischer Zeit. Johannes Burckard (italienisch Burcardo, * um 1450 in Niederhaslach im Elsass; † 1506 in Rom) lebte seit 1467 in Rom. Er erwarb kirchliche Pfründen im Elsass sowie das Bürgerrecht von Straßburg und schlug in Rom eine kirchliche Laufbahn ein, in der er von 1484-1503 Zeremonienmeister an der römischen Kurie und von 1503 bis zu seinem Tode Bischof von Orte bei Rom wurde. Um 1500 erbaute er sich hier in der Via del Sudario sein kleines Stadtpalais. Straßburg hieß auf Lateinisch Argentoratum und so bekam der auf dem rückwärtigen Teil des Palazzetto stehende, heute eingebaute und nicht mehr sichtbare Wehrturm den Namen Torre Argentina. (Der auf der Mitte des Largo Argentina stehende Turm, die Torre del Papito, hat mit dem Burcardo-Komplex nichts zu tun).
Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als päpstlicher Zeremonienmeister hat Burckard bleibende Berühmtheit erlangt. In seiner Funktion war er nicht nur für die gesamte Liturgie, sondern auch für die Ausrichtung aller anderen Zeremonien am päpstlichen Hofe verantwortlich. Über die Einzelheiten seiner Berufstätigkeit am päpstlichen Hof legte er ein Notizbuch an, in dem er nicht nur über die protokollarischen Pflichten Auskunft gibt, sondern auch über Gespräche mit Päpsten, Kardinälen und Gesandten sowie über denkwürdige Ereignisse in der Kurie. Diese ausführlichen Aufzeichnungen, bekannt als „Liber Notarum“, bieten hoch interessante Eindrücke eines Zeitzeugen am Hof der besonders berüchtigten Renaissancepäpste Innozenz VIII., Alexander VI., Pius III. und Julius II.
Burckards Mitteilungen zu Skandalen, Exzessen und Orgien sind natürlich mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Schließlich hatte er nicht zu all den geschilderten Ereignissen persönlich Zutritt, oft kolportierte er Informationen aus zweiter oder dritter Hand. Doch auch wenn dies manchmal nur Gerüchte gewesen sein mögen, so wurde doch festgehalten, was man im Rom jener Zeit dachte, fühlte und fürchtete. Burckards Glaubwürdigkeit wird durch eine weitere Quelle dieser Zeit, das Tagebuch des römischen Senatsschreibers Stefano Infessura erhärtet, in dem viele Skandale beschrieben sind, die denen aus dem Liber Notarum entsprechen.
Als ein Beispiel für Burckards Berichterstattung mag hier ein Eintrag aus dem „Liber Notarum“ zum berüchtigten Hurenturnier des Cesare Borgia in den päpstlichen Gemächern des „Appartamento Borgia“ im Vatikan dienen. Cesare, ein Sohn Papst Alexanders VI., kraft seines Vaters Gnaden Bischof mit 16, Kardinal mit 18 und Herzog des Valentinois war Urheber mehrerer Morde und galt als Prototyp des machtversessenen, skrupellosen Renaissanceherrschers. Er diente Machiavelli zum Vorbild seines Buches „Il Principe“.
„Am Abend veranstaltete der Herzog Valentino (Cesare Borgia) in seinem Gemach im Vatikan ein Gelage mit fünfzig ehrbaren Dirnen, Kurtisanen genannt, die nach dem Mahl mit den Dienern und den anderen Anwesenden tanzten, zuerst in ihren Kleidern, dann nackt. Nach dem Mahl wurden die Tischleuchter mit den brennenden Kerzen auf den Boden gestellt und Kastanien ringsherum gestreut, die die nackten Dirnen auf Händen und Füßen zwischen den Leuchtern durchkriechend aufsammelten, wobei der Papst, Cesare und seine Gäste seidene Unterröcke, Schuhe und Barette für diejenigen aussetzten, welche mit den Dirnen am häufigsten den Akt vollziehen konnten. Das Schauspiel fand hier im Saal öffentlich statt, und nach dem Urteil der Anwesenden wurden an die Sieger die Preise verteilt.“
Dieses Ereignis, insbesondere auch die Anwesenheit des Papstes dabei, erwähnte auch der Florentinische Gesandte Francesco Pepi:
„An den Tagen Allerheiligen und Allerseelen erschien der Papst wegen seines Abzesses nicht im Petersdom oder in seiner Privatkapelle. Obwohl ihn die Krankheit daran hinderte, hinderte sie ihn nicht, am Sonntag mit dem Herzog (Cesare), der früh am Abend fünfzig Kurtisanen in den Palast gebracht hatte, bis in die zwölfte Nachtstunde zu bleiben. Und lachend und tanzend blieben sie die ganze Nacht auf.“
Nach dem Tode Johannes Burckards ging der Palazzetto in die Hände der Familie des Kardinals Cesarini über, auf deren Grundstück er stand; der Erbauer dagegen geriet in Vergessenheit. Erst 1908 konnte anhand eines erhaltenen Wappens der ehemalige Sitz des päpstlichen Zeremonienmeisters wieder identifiziert werden. Das Gebäude war damals in einem trostlosen Zustand des Verfalls, es dauerte noch 15 weitere Jahre, bis unter Berücksichtigung der Tatsache, dass hier eines der wenigen spätgotischen Gebäude Roms erhalten war, eine erste Restaurierung unternommen wurde. In den 1990er Jahren erfolgte eine zweite und heute ist das Gebäude Sitz der Società Italiana degli Autori ed Editori, die etwa der deutschen „Verwertungsgesellschaft Wort“ entspricht.
12 Palazzo Orsini Pio Righetti
An der Piazza del Biscione 89, direkt neben dem Campo de‘ Fiori, erhebt sich eine eindrucksvolle Palastfassade aus der Renaissance, die sich auf den umliegenden Seiten des Gebäudes weder in der Geschossaufteilung noch im Dekor fortsetzt. Hierbei handelt es sich um die Reste des nach den späteren Besitzern Palazzo Orsini Pio Righetti genannten Gebäudes, das sich der venezianische Kardinal Francesco Condulmer (1390-1453) um 1450 auf den Ruinen des zum antiken Pompeius-Theaters gehörigen Venustempels errichtete. Als Nepot von Papst Eugen IV. hatte Condulmer eine Fülle von einflussreichen kirchlichen Ämtern inne: Camerlengo der Heiligen Römischen Kirche (1432-40), Administrator von Narbonne (1433-36) und Amiens (1436-37), Erzbischof von Besançon (1437-38) und Verona (1438-53), Vizekanzler der Heiligen Römischen Kirche (1437-53), Lateinischer Patriarch von Konstantinopel (1438-53) und Bischof von Porto, des Hafens von Rom (1445-53).
Die machiavellistische Politik der Heiligen Römischen Kirche wird in Condulmers Tätigkeit als päpstlicher Legat in Konstantinopel 1438 deutlich: Anstatt das christliche Byzantinische Reich gegen seinen Bedränger, den türkischen Sultan zu unterstützen, betrieb er mit Macht die Union der orthodoxen mit der katholischen Kirche, eine Union, die aufgrund des Unterganges von Byzanz nur bis 1453 anhielt. Die Unterstützung, die er als Kommandeur der päpstlichen Flotte 1444 und 1445-46 dem byzantinischen Kaiser dann doch noch gewährte, kam viel zu spät und wurde auch nur halbherzig umgesetzt, so dass der Fall von Konstantinopel und der Verlust Kleinasiens für das Christentum nicht abgewendet werden konnte.
Der Palast Condulmers besaß einen heute verschwundenen Uhrturm zum (um die Ecke gelegenen) Campo dei Fiori, was ihm den Beinamen Palazzo dell’Orologio einbrachte. Nach dem Tod des Kardinals fiel das Gebäude an die Familie Orsini und wurde um 1650 von Camillo Arcucci, dem Nachfolger von Borromini umgebaut. Es erhielt eine achtachsige Fassade, das Erdgeschoss mit Pfeilerarkaden zeigt eine flache Rustika; die reichen Fenster der Obergeschosse sind mit den Wappen der späteren Eigentümer Pio de Carpi, welche ihre Gemäldesammlung mit Werken des 16. und 17. Jahrhundert im Palast untergebracht hatten, versehen. Im ersten Obergeschoss finden sich Löwenköpfe, im zweiten Pfauen. Bei der Gliederung der Fassade durch flache Lisenen verzichtete Arcucci auf den Einsatz der klassischen Ordnung. Dadurch ist diese Fassade im Vergleich etwa zu Marucellis Palazzo Madama deutlich innovativer.
Im 19. Jh. wurde der Palast unter anderem als Schule genutzt und ist heute in Eigentumswohnungen aufgeteilt. Einige freskierte Muldengewölbe sind im piano nobile erhalten. Im Erdgeschoss befindet sich das berühmte Restaurant „Pancrazio“, in dessen Kellergeschoss eindrucksvolle Gewölbe des Pompeiustheaters zu sehen sind.
13 Palazzo Massimo alle Colonne
Eingebaut zwischen zwei Häusern steht am Corso Vittorio Emanuele der Palazzo Massimo alle Colonne. Er wurde von Baldassare Peruzzi für das Geschlecht der Massimi – eine der ältesten Familien Roms – nach dem Sacco di Roma 1527 neu erbaut. Die Familie Massimo geht zurück bis auf Quintus Fabius Maximus Cunctator, welcher im 3. Jahrhundert v. Chr. Hannibal bekämpfte. Das stolze Wappen der Familie zeigt den jungen Herkules. Aus dieser Familie stammen zahlreiche bedeutende Humanisten, auch führte ein Mitglied der Familie Massimo die Friedensverhandlungen mit Napoleon. Dabei fragte Napoleon den Massimo, ob es denn stimme, dass der Ursprung der Familie auf Fabius Maximus zurück ginge. Die Antwort lautete: “Ich weiß es nicht, aber in unserer Familie wird seit zweitausend Jahren darüber geredet“. Ursprünglich stand an der Stelle des Palazzo das Odeon des Domitian. Von ihm hat sich noch eine Säule auf der Rückseite des Palazzo Massimo, an der Piazza de’Massimi, erhalten.
Der Palazzo Massimo besteht aus drei Bauteilen. Die gekrümmte Fassade entlang des Corso Vittorio Emanuele bildet vermutlich die Form des Odeons des 1. Jahrhunderts ab. Das Untergeschoss der Hauptfassade öffnet sich in einem Portikus mit sechs paarweise angeordneten Säulen. Die Wände im Anschluss werden durch Pilasterpaare gegliedert. Über dem ersten Hauptgeschoss folgen zwei Halbgeschosse mit kleinen fast quadratischen Fenstern. Peruzzi durchbrach mit der rhythmisch inszenierten Fassade die Regeln der Renaissance und schuf eine der ersten Fassaden des Manierismus.
In der Eingangshalle befindet sich eine reich gestaltete Stuckdecke. Über einen Gang mit Tonnengewölbe erreicht man den ersten Hof. In seiner Mitte befindet sich ein 1620 von Battista Rossi und Giovanni Battista Solari geschaffenes Nymphäum. Über einen weiteren Gang erreicht man den zweiten Hof mit einer barocken Ausstattung und zwei Granitsäulen, die vermutlich aus dem Tempel der Isis stammen.
Der im Norden anschließende Palazzetto Massimo stammt im Wesentlichen noch aus dem 15. Jahrhundert. In ihm richteten 1471 die Deutschen Sweynheim und Pannartz die erste Druckerei in Rom ein. Anlässlich der Hochzeit von Angelo Massimo mit Antonietta Planca Incoronati wurde der Palazetto mit monochromer Malerei dekoriert. Nur einmal im Jahr (am 16. März) ist der Palazzo öffentlich zugänglich, zur Erinnerung an die Wiederbelebung des jungen Paolo Massimo durch den heiligen Filippo Neri 1538. Dies nutzte aber nur zur Verabreichung der Sterbesakramente, denn anschließend starb der Adlige. In den Innenräumen, die nicht zu besichtigen sind, hat sich die reiche Ausstattung des 16. Jahrhunderts vorzüglich erhalten. Der Palast wird bis heute von der Familie Massimo bewohnt.
14 Palazzo Orsini (Taverna)
Zwischen der Via dei Coronari und der Via di Monte Giordano liegt ein ausgedehntes Areal, auf dem sich seit dem Mittelalter der Sitz des mächtigen Adelsgeschlechtes der Orsini befand. Man muss sich eine vieltürmige Festung mit mehreren Wohngebäuden für die verschiedenen Zweige dieses Geschlechts vorstellen, die Herzöge von Bracciano und Gravina, die Grafen von Pitigliano, die Herren von Marino und Monterotondo. Da diese Herrschaften alle außerhalb Roms lagen, war der Palast nicht ständig von den Herren bewohnt, sondern diente Amtsinhabern aus dem Hause Orsini, wie Kardinälen, kirchlichen und städtischen Würdenträgern als Residenz. Neben den drei Päpsten, einem Senator von Rom und diversen Heerführern aus dem Hause Orsini war der Zweig der Bracciano am bedeutendsten für die Geschichte Roms. Von 1500 bis 1958 teilten die Orsini mit dem dem anderen führenden römischen Adelsgeschlecht der Colonna die Würde eines päpstlichen Thronassistenten, die seit 1735 erblich war. Die Auseinandersetzung der guelfischen Orsini mit den kaisertreuen Colonna zieht sich durch die mittelalterliche und renaissancezeitliche Geschichte Roms und hatte verheerende Folgen für Rom, wie Bürgerkriege, Mord, Raub und Brandschatzung. 1485 wurde die mittelalterliche Palastanlage der Orsini in der Auseinandersetzung mit den Borgia zerstört.
Giordano Orsini ließ nun von Baldassare Peruzzi einen luxuriösen Palast auf dem Gelände errichten, von dem Teile noch heute erhalten sind. Berühmte Persönlichkeiten wohnten hier, wie Kardinal Ippolito d‘ Este, der hier Torquato Tasso traf. Auch Kardinal Moritz von Savoien führte hier, wie Ippolito d‘ Este eine verschwenderische Hofhaltung. 1688 waren die Herzöge von Bracciano so verschuldet, dass der Palast an die römischen Adligen Piero und Antonio Gabrielli, Marquis von Prossedi and Roccasecca verkauft wurde. Diese sorgten für die Umbauten, die heute das Aussehen der Anlage prägen. Zuletzt wurde der Palast an die Familie Taverna aus Mailand verkauft, der er heute noch gehört.
Der Komplex teilt sich auf fünf Gebäude auf, mit hohen Mauern aus dem 16. Jh. verbunden. Der älteste Teil steht am Vicolo Domizio und hat einen Innenhof aus dem 15. Jh. Daran schließt sich der Palast der Herzöge von Bracciano in der Via Panicio an mit zwei Vorbauten zur Via di Monte Giordano. Wenn das große Portal geöffnet ist, sieht man im Innenhof den wunderbaren römischen Brunnen von Antonio Casoni (1618), der an der Rampe zu den Innenhöfen liegt. Der Brunnen besteht aus vier übereinander liegenden Brunnenschalen und ist von einer hohen Lorbeerhecke umgeben. Ursprünglich war der Brunnen von zwei Mauern eingefasst, auf denen jeweils ein Bär, das Wappentier der Orsini, stand und Wasser in das zweite Becken spie. Diese Bären sind noch erhalten, aber ohne Zusammenhang mit dem Brunnen aufgestellt.
Auf der Rückseite, zur Via dei Coronari existiert noch der Palast der Herren von Monterotondo, dessen Front teilweise von einem Turm des 19. Jh. verdeckt ist, der Torre Augusta, die nach der Ehefrau Placido Gabriellis, Augusta Bonaparte, benannt ist. Dort befindet sich auch ein als Brunnenschale verwendeter römischer Sarkophag aus dem III. Jh. Z. Zt. ist der Palazzo Orsini der Sitz der International Art Meetings Archives and Library und des ISPES – Institute for the Promotion of the Economic and Social Development. Man kann Räume des Palastes für Kongresse und Tagungen mieten.
15 Palazzo Colonna
Der Palazzo Colonna liegt an der Piazza SS. Apostoli in Rom. Die am Platz liegende Basilika ist in ihn integriert. Der Palast befindet sich seit 23 Generationen im Besitz der bedeutendsten römischen Adelsfamilie Colonna und ist teilweise der Öffentlichkeit zugänglich. Die im Gebäude befindliche Galleria Colonna beherbergt eine bedeutende Kunstsammlung. An der Stelle des heutigen Palastes standen ursprünglich einige kleinere Gebäude aus dem Mittelalter, welche der Familie des Grafen von Tusculum gehörten. 1417 endete mit der Wahl Oddo di Colonnas zum Papst das Abendländische Schisma und die Päpste kehrten endgültig aus Avignon zurück. Als Martin V. regierte Oddo bis 1431 und in dieser Zeit begannen die Arbeiten am alten Palazzo Colonna. Unter Kardinal Riario und dann durch Kardinal Giuliano della Rovere, dem späteren Papst Julius II., erfolgten zwischen 1470 und 1490 erste Erweiterungsarbeiten. Aus dieser Zeit sind die Fresken im Brunnensaal von Pinturicchio erhalten.
Das eher burgartige Gebäude des 15. Jahrhunderts erhielt erst mit den neuen Flügeln entlang der Piazza dei SS. Apostoli und der Via della Pilotta im 17. Jahrhundert sein heutiges Aussehen. Unter Girolamo Colonna I. begannen 1650 die Arbeiten an der Galleria Colonna, um für die wachsende Kunstsammlung der Familie einen passenden Rahmen zu schaffen. Ab 1666 setzte sein Neffe Lorenzo Onofrio dieses Projekt fort. Zunächst erhielt der Architekt Antonio Del Grande den Auftrag für diese Arbeiten, bevor er ab 1693 von Girolamo Fontana abgelöst wurde, der die Arbeiten an der Galerie im Jahr 1703 vollendete.
Die Galleria Colonna gehört zu den wichtigsten nach der Renaissance in Rom entstanden Kunstsammlungen und stellt ein Gesamtkunstwerk aus Gemälden, Skulpturen, Möbeln, Spiegeln und Raumdekorationen dar. Der eigentliche Galerieraum ist Marcantonio Colonna II., als Sieger der Schlacht von Lepanto 1571 gewidmet. Giovanni Coli und Filippo Gherardi haben in diesem Raum das Thema zwischen 1675 und 1678 in einem Deckenfresko dargestellt. Im Saal der Landschaften schuf zwanzig Jahre später zum gleichen Thema Sebastiano Ricci ein Deckengemälde und im Jahr 1700 entstand im Schlachtensaal das Fresko mit der Apotheose des Marcantonio Colonna II.
Die Sammlung umfasst Meisterwerke vom 15. bis 18. Jahrhundert. Zu den im Palazzo Colonna vertretenden Künstlern gehören Lorenzo Monaco, Agnolo Bronzino, Domenico Ghirlandaio, Paolo Veronese, Palma il Vecchio, Jacopo und Domenico Tintoretto, Pietro da Cortona, Annibale Carracci, Francesco Albani, Guercino, Guido Reni, Carlo Maratta, Gaspard Poussin, und Pompeo Batoni.
Das Appartamento Principessa Isabelle wurde noch bis Ende der 1980er Jahre von der Prinzessin Isabelle Sursock Colonna bewohnt und steht seitdem ebenfalls dem Publikum zur Besichtigung offen. Hier sind vorwiegend niederländische Maler zu sehen. Neben kleineren auf Kupfer gearbeiteten Bilder von Jan Brueghel dem Älteren gibt es einige Arbeiten von Gaspar van Wittel und Gaspard Poussin.
Großes Erstaunen löst aus, dass zu diesem inmitten der Stadt gelegenen Gebäudekomplex so ausgedehnte Parkanlagen gehören. Sie ziehen sich in mehreren Etagen den gesamten Abhang des … hinauf und bieten Raum für von Hecken umgebene Gartensalons und eine spektakuäre Brunnenanlage, in der das Wasser in Kaskaden vom Hügel hinabstürzt.
16 Palazzo Spada
Der Palazzo Spada wurde 1548 für den Schatzmeister des Papstes, Kardinal Girolamo Capodiferro von Bartolomeo Baronino (* 1511 Casale Monferrato, † 1554 Rom) entworfen. Über den Architekten ist wenig bekannt, außer dass er ermordet wurde und im Pantheon begraben ist. Giulio Mazzoni (1525-1618), Maler und Stuckateur, sorgte für die manieristische Stuckdekoration des Innenhofes und der Fassade, an der sich acht Statuen römischer Herrscher befinden (Romulus, Numa Pompilius, Fabius Maximus, Pompejus, Marcellus, Caesar, Augustus, Trajan) mit dazu gehörigen lateinischen Inschriften, in denen die Bedeutung der Dargestellten für die Geschichte Roms erläutert wird. Die üppige Dekoration – Skulpturen, Inschriften, Bilder – verwandelt den Palast in ein „sprechendes Gebäude“, das in erster Linie von der Belesenheit und Bildung seines Erbauers Zeugnis ablegen sollte.
1632 erwarb Kardinal Bernardino Spada das Gebäude und beauftragte Francesco Borromini sofort mit einigen Umbauarbeiten. Im Innenhof des Palastes entstand eines seiner Meisterwerke: eine Galerie, perspektivisch so genial konzipiert, dass sie dem Betrachter viel länger und größer als in Wirklichkeit erscheint.
Bernardino Spada (1594-1661) beeindruckte schon durch seine äußere Erscheinung. Seine majestätische Person und herausragende Intelligenz, die einflussreiche Stellung und der Aufstieg seiner Familie erbrachten ihm großes Ansehen, beliebt aber war er nicht. Nur im persönlichen Umgang schien hinter der Fassade von Macht und Erfolg die menschliche Seite auf. Obgleich nicht aus einer der führenden Familien Italiens stammend, machte er eine glänzende Karriere in der katholischen Kirche. Von 1623 bis 1627 war er als Nuntius am französischen Königshof tätig. Im Anschluss daran folgte von 1627 bis 1631 die Übernahme der Legation in Bologna. In diesem Amt hatte Bernardino Spada die Interessen und Anweisungen des Papstes in dieser Stadt durchzusetzen. Am 26. Januar 1626 erfolgte die Ernennung zum Kardinal durch Urban VIII. Als Mitglied des Kardinalskollegiums in Rom verwendete sich Bernardino Spada wie viele andere für seine Familienmitglieder. Sein Aufstieg zum Kardinal und in die Spitzen der kurialen Verwaltung, seine Lebensgewohnheiten, Vorlieben und Abneigungenl spiegeln das barocke Rom und die Welt des Vatikans mit ihren eigenen Verhaltensregeln, auch mit ihren Unzulänglichkeiten und Intrigen.
Inschriften an der Fassade des Palazzo Spada:
TRAIANUS
INVICTAE VIRTUTIS IMPERATOR OPTIMI COGNOMEN PROMERUIT
Durch unbesiegte Tugend (durch eherne Tüchtigkeit) hat der Kaiser sich den Beinamen des besten (Kaisers) verdient.
FABIUS MAXIMUS
INVETERATAE PRUDENTIAE DUX CUNCTANDO RESTITUIT REM
„Von alteingewurzelter Klugheit“ hat (F.M.) als Führer durch Zögern die Lage wieder hergestellt.
CNAEUS POMPEIUS MAGNUS
MAGNO FORTUNAE LUDIBRIO UBIQUE VICTOR INDIGNO VITAE EXITU SEPULTURA CARVIT
Ein großer (! Magnus!) Spielball der Fortuna hat er, (sonst) überall Sieger, durch ein unwürdiges Lebensende kein (i.e. nicht einmal ein) Begräbnis gefunden.
ROMULUS
AETERNAE URBIS FUNDAMENTA IECIT MILITAREM DISCIPI INAM DOMI INISTITUIT QUA IMPERIUM FELICITER CRESCERET
Der ewigen Stadt Fundamente legte er, begründete zu Hause (i.e. im römischen Gebiet) die kriegerische Zucht, durch die das Reich glücklich wuchs (bzw. wachsen sollte).
NUMA
MARTIUM POPULUM RELIGIONI ADDIXIT UT PACE ET BELLO INVICTU E A LRET
Er schwor das römische Volk auf die Religion ein, damit es (oder: so dass es) in Frieden (pace) und Krieg unbesiegt ….
MARCELLUS
BELLATOR ACERRIMUS OPIMA SPOLIA IOVI FERETRIO POSUIT
Als sehr feuriger Kriegsmann hat er dem Beutegott Juppiter die Rüstung des gegnerischen Feldherrn geweiht.
CAESAR
UNIVERSUM TERRARUM ORBEM HOSTILI CRUORE REPLEVIT SUO DEMUM SANGUINE CURIAM INUNDAVIT
Den gesamten Erdkreis hat er mit dem Blut von Feinden bedeckt, mit seinem eigenen Blut schließlich die Curie überschwemmt.
AUGUSTUS CAESAR
IANO CLAUSO FINEM CIVILIBUS ET EXTERNIS BELLIS IMPOSUIT
Durch die (bzw. nach der) Schließung des Janustempels hat er den Kriegen im Inneren und im Äußeren ein Ende gesetzt.
17 Palazzo Doria-Pamphilj
Der Palazzo Doria-Pamphilj ist der größte noch bewohnte Palast in Rom. Er liegt zwischen der Via del Corso und der Piazza del Collegio Romano. Der Palast gehörte ursprünglich der Familie Della Rovere und kam dann zur Familie Aldobrandini. Im 17. Jahrhundert erwarb ihn die Familie Doria Landi Pamphilj. Größer als manche Königsschlösser in Europa ist er in Teilen weiterhin Residenz der Adelsfamilie und beherbergt eine wertvolle Sammlung von Gemälden und Kunstgegenständen, die der Öffentlichkeit offen steht.
Der Aufstieg der Familie Doria-Pamphilj ergab sich aus Verbindungen mit Adelsfamilien aus allen Teilen Italiens. Zu den bekanntesten Mitgliedern der Familie zählt der genuesische Admiral Andrea Doria und Papst Innozenz X. Olimpia Maidalchini, Schwägerin und enge Vertraute des Papstes, nach Meinung einzelner sogar seine Geliebte, versuchte ihrem Sohn Camillo Pamphilj eine Karriere als Kleriker zu ermöglichen. Er verzichtete jedoch auf die Berufung zum Kardinal und heiratete die Witwe Olimpia Borghese.
Durch ihren Reichtum war er in der Lage, den Palast ab 1654 großzügig zu erweitern. Es wurden benachbarte Häuser und ein Kloster aufgekauft und abgerissen. Als Architekt für das Projekt wurde Antonio Del Grande beauftragt. Die Fassade zur Via del Corso wurde von Gabriele Valvassori 1730 – 1735 realisiert. 1767 wurden die Decken der repräsentativen Räume im barocken Stil freskiert, wie sie sich auch heute noch zeigen.
Nach dem Tod von Camillo Pamphilj 1666 wurde der Bau von seinen Söhnen Giovanni Battista, dem Erben und dem Kardinal Benedetto Pamphilj weiter geführt. Auf den Letzteren, bekannt für sein Mäzenatentum, gehen die Gemäldesammlung und die Kapelle, die nach den Plänen Carlo Fontanas eingebaut wurde, zurück. 1760 starb der römische Zweig der Familie Pamphilj aus und das Erbe ging an die genuesische Linie Doria-Pamphilj.
Heute wohnen hier die englischstämmigen Adoptivkinder der letzten Erbin Donna Orietta, Don Jonathan und Donna Gesine Pogson Doria Pamphilj. Sie übernahmen auch die Leitung der berühmten Kunstsammlung. Zu deren Highlights gehören drei Gemälde von Caravaggio und das berühmte Bildnis Innozenz X., gemalt von Velázquez. Es entstand 1650, als der Maler während des Heiligen Jahres in Rom weilte. Es hieß, dass er erst wieder ausreisen durfte, nachdem er ein Porträt des amtierenden Papstes angefertigt hatte. Bei der Ablieferung des Bildes soll sich der Papst mit dem Bild in einem Kabinett eingeschlossen haben und auf die Frage von Velasquez, ob es gut sei, geantwortet haben: „Zu gut!“ Das Bild von Velázquez wurde 1927 in ein kleines Zimmer, das ausschließlich dem Papst gewidmet ist, gehängt. Hier ist auch eine Skulptur von Gian Lorenzo Bernini ausgestellt, die ebenfalls Innozenz X. darstellt.
Der Palast ist nicht zu verwechseln mit dem Palazzo Pamphilj, der sich ebenfalls in Rom an der Piazza Navona befindet und heute als brasilianische Botschaft dient.
18 La Farnesina
Die Farnesina, gegenüber vom Palazzo Corsini, ist eine entzückende Sommervilla aus der Renaissance, erbaut vom Maler und Architekten Baldassare Peruzzi für den unglaublich reichen Bankier Agostino Chigi. Dieser hatte sich – aus Siena stammend – durch Bank- und lukrative Handelsgeschäfte zum reichsten Manne Roms hochgearbeitet und war der Finanzier mehrerer Päpste, insbesondere Julius II., dessen Wahl er befördert haben soll, so dass dieser ihm erlaubte, die Eiche aus dem Wappen der della Rovere (der Familie des Papstes) in seinem eigenen zu verwenden. Obwohl selbst aus ungebildeten Kreisen stammend, hatte er mit Julius die Liebe zur Kunst (der Renaissance) gemein und so war es ihm ein großes Bedürfnis, bei der Gestaltung seiner Villa die bedeutendsten Künstler zu beauftragen. Chigi besaß bereits einen Palazzo in der Innenstadt Roms, aber die Sommervilla sollte diesen in künstlerischer Hinsicht und von der Lage her übertreffen.
Auf der anderen Tiberseite (also in Trastevere) kaufte er ein langes Gelände am Flussufer, das zu einem Park umgestaltet wurde. Auf der Anhöhe, geschützt vor den Überflutungen des Tibers, entstand die Villa. Peruzzi erbaute sie in klaren Formen ohne übermäßigen Zierat (mit Ausnahme der – jetzt verlorenen – Fresken auf den Außenfassaden). Das 19m hohe Gebäude weist mit Keller, Erdgeschoss, Mezzanin, Obergeschoss, Mezzanin und Belvedere 6 Stockwerke auf. Im Keller lagen die Wirtschaftsräume, darüber die Repräsentationssäle, in den 2 Mezzaninen die Räume für die Bediensteten und im Obergeschoss die Privaträume. Eine mit trompe l’oeil-Effekten versehene Prachttreppe verbindet die beiden Hauptgeschosse. Die Säle des Erdgeschosses, darunter eine wunderbare Gartenloggia, ließ Chigi von Sebastiano del Piombo und Raffael und dessen Werkstatt mit großformatigen Fresken nach Themen aus „Der goldene Esel“ von Apuleius ausgestalten, nach Raffaels frühem Tod setzten Peruzzi mit architektonischen trompe l’oeil Bildern im großen Saal und Sodoma mit Gemälden der Hochzeit Alexanders des Großen (mit dem sich Chigi offenbar verglich) mit Prinzessin Roxane im Schlafzimmer Chigis fort.
Eine gewisse Großmannsucht war Chigi wohl nicht abzusprechen: Bei einer seiner Einladungen der Größen Roms speiste man von goldenem Geschirr, den Gästen wurde bedeutet, dieses anschließend in den Tiber zu werfen. Natürlich hatte der clevere Bankier vorher Netze im Fluss spannen lassen, mit denen man die Wertsachen später wieder herausholen konnte. Aber die Legende vom unermesslichen Reichtum Chigis verbreitete sich. Eine Gruppe von Konkurrenten, die sich gegen ihn verschworen hatten und ihre Außenstände bei ihm gleichzeitig und unverzüglich zurückforderten, zahlte er ohne mit der Wimper zu zucken aus. Weniger glücklich war er in seinen privaten Beziehungen: seine erste Ehefrau verstarb, ohne ihm den ersehnten Erben geschenkt zu haben. Nun setzte er auf eine wesentlich jüngere Frau aus kleinen Verhältnissen, der er eine klassische Bildung angedeihen ließ. Jahrelang lebte er mit ihr unverheiratet zusammen und hatte mehrere uneheliche Kinder. Als der Papst ihm schließlich bedeutete, diesen Zustand nicht länger zu dulden, bereitete er eine prunkvolle Hochzeit vor, zu deren Anlass auch die Gemälde in seinem Schlafzimmer entstanden. Die Hochzeit überlebte er nur ein Jahr, auch seine so viel jüngere Frau starb früh.
Sein Sohn schaffte es, das ungeheure Erbe in kurzer Zeit zu verprassen und daher gelangte die Farnesina in den Besitz der ebenso reichen Familie Farnese – von der sie auch den Namen erhielt, um sie vom großen Palazzo Farnese auf der anderen Tiberseite zu unterscheiden. Die Farnese planten Großes: Da der berühmte Palazzo über keine seiner Größe entsprechenden Parkanlagen verfügte, sollte er durch eine Brücke über den Tiber mit der Farnesina und ihrem Park verbunden werden. Doch wurden diese Pläne nie verwirklicht.
Zur Zeit Karls V. – während des berüchtigten Sacco di Roma – lagerten deutsche Landsknechte in der Farnesina und verunzierten den Peruzzi-Saal mit Graffiti, in denen sie sich brüsteten, den „bapst haben lauffen machen“. Nach langem Leerstand und Verfall kam die Farnesina schließlich 1926 in den Besitz des italienischen Staats, der einen Fahrstuhl einbauen ließ, mit dem Gehbehinderte von heute bequemer als zu Chigis Zeiten die Geschosse überwinden können. Heute dient die Farnesina als Museum und als Repräsentanz der Accademia dei Lincei, die im gegenüberliegenden Palazzo Corsini untergebracht ist.
19 Casina del Cardinal Bessarione di Trebisonda
Die kürzlich instand gesetzte und restaurierte Casina del Cardinal Bessarione di Trebisonda ist ein in Rom seltenes Beispiel einer Renaissance-Villa außerhalb der Stadt. Im 15. Jh. baute man sie zur Sommerresidenz der Bischöfe von Tusculum dreistöckig aus, mit einem Untergeschoss für die Dienstleute, einem Hauptgeschoss mit einer über eine Außentreppe erreichbaren Loggia und einem zweiten Stockwerk, in dem sich die Wohnung der Geistlichen befand. Das Haus hatte sechs Zimmer auf jeder Etage, mit einem Kamin in jedem von ihnen. In der Fassade zur Via di Porta S. Sebastiano befinden sich zwei für die Renaissance typische Kreuzstockfenster. Das piano nobile enthält eine schöne Renaissance-Loggia mit Fresken von Kardinalswappen und im Innern weitere Räume mit Fresken und Wandteppichen. Die Wandmalereien mit naturalistischen Motiven sind im Lauf der Jahrhunderte allerdings stark verblasst. Umgeben ist die heute nur noch zweistöckige Anlage von einem stimmungsvollen Garten. Sie kann am Wochenende in Form von vorbestellten Führungen durch die Sovrintendenza Capitolina dei Beni Culturali (fon 060608) besichtigt werden.
Besondere Bedeutung bekommt die Casa del Cardinal Bessarione durch die Konnotation mit dem griechischen Kardinal Bessarion, einer Persönlichkeit, die für die Entwicklung der Renaissance in Italien gar nicht hoch genug geschätzt werden kann. Allerdings steht seine Verbindung mit diesem Ort auf etwas wackeligen Füßen: Eine einzige Urkunde nennt ihn als Besitzer eines nahe gelegenen Weinbergs und ansonsten kann man auf seine Anwesenheit in der Villa nur durch die Tatsache schließen, dass er auf den vielen Stationen seiner klerikalen Karriere auch Bischof von Tusculum war – mit dem Recht, dieses Haus zu bewohnen. Während seine Amtskollegen, die das taten, ihre Wappen in der Loggia anbringen ließen, war das bei ihm nicht der Fall. Aber auf jeden Fall wirkte Bessarion mehrere Jahre in Rom und sein Grab befindet sich in der Basilica dei XII Apostoli auf dem Gelände des Palazzo Colonna.
Bessarion wurde mit dem orthodoxen Taufnamen Basilius Anfang des 15. Jh. in Trapezunt am Schwarzen Meer geboren. Sein Familienname bleibt im Dunkeln, da über seine Eltern wenig bekannt ist. Ab 1416 studierte er in Konstantinopel Theologie und wurde 1423 Mönch, wobei er den Namen des berühmten altägyptischen Anachoreten Bessarion (der Große) annahm. Um 1430 ging er für sechs Jahre nach Misthra auf der Peloponnes, damals eine Hochburg der griechischen Gelehrsamkeit. Dort studierte bei dem heidnischen Philosophen Plethon dessen selbst entwickeltes platonisches System und daneben auch Mathematik, Astronomie, Geschichte, Rhetorik und Poesie. Im Gegensatz zu seinem Lehrer Plethon wandte er sich aber nicht vom Christentum ab.
1436 begann er seine Klerikerkarriere beim byzantinischen Kaiser, der in dieser Endzeit des oströmischen Reiches unter starkem Druck des expandierenden osmanisch-türkischen Großreichs stand. Byzanz wollte durch die Aufhebung des Morgenländischen Schismas (das durch die Aufspaltung in Katholizismus und Orthodoxie entstanden war) wieder an Stärke und auch neue Verbündete gewinnen und wandte sich wieder Rom zu. Bessarion trat in dieser Zeit (durchaus zum Unwillen vieler Orthodoxer) zur Römisch-Katholischen Kirche über und begleitete 1439 Kaiser Johannes VIII. nach Italien um auf dem Unionskonzil von Ferrara-Florenz die Vereinigung zu vollziehen.
Sowohl der byzantinische Kaiser als auch Papst Eugen IV. setzten in dieses Konzil die Hoffnung auf eine gemeinsame Abwehr der Türkengefahr, hatten damit jedoch keinen Erfolg. Doch durch seine Unterstützung der römisch-katholischen Kirche erlangte Bessarion die Gunst von Eugen IV., der ihn 1439 zum Kardinal berief. Er blieb daraufhin in Italien und machte sich als Förderer von Kunst und Wissenschaft verdient. Der Zustrom von Wissen aus der griechischen Welt, der nach dem Fall von Byzanz noch zunahm, war letztendlich die Triebfeder der Renaissance.
Nach der türkischen Eroberung Konstantinopels im Jahr 1453 blieb Bessarion im Exil in Italien und übernahm das Amt des Titular-Patriarchen von Konstantinopel. Als türkische Truppen im April 1463 die venezianische Festung Argos in Griechenland besetzten, reiste er im Auftrag des Papstes nach Venedig um die Republik zur „Verteidigung des Glaubens“, d.h. zum Krieg gegen die Türken aufzufordern. Auch diese weitere Bemühung um ein gemeinsames Vorgehen gegen die Türken scheiterte am Egoismus aller Beteiligten. Bessarion war aber von der „griechischen“ Atmosphäre Venedigs so angetan, dass er es zu seinem Wohnsitz erkor.
Hier sammelte er griechische Handschriften und wurde durch Übersetzungen und zahlreiche eigene Schriften bedeutsam für die Vermittlung griechischer Gelehrsamkeit und platonischer Philosophie im Abendland. Sein Hauptanliegen war die Rettung griechischen Schrifttums nach dem Fall von Konstantinopel. 1468 schenkte er seine private Bibliothek (746 Bände, darunter 482 griechische und 264 lateinische Handschriften sowie ca. 300 Drucke) der Republik Venedig mit der Maßgabe, sie öffentlich zugänglich und ausleihbar zu erhalten. Sie bildete den Grundstock der Bibliothek der Kathedrale von San Marco (Biblioteca Marciana). Bessarions Werk ist ein unschätzbarer Beitrag zur Erhaltung der Literatur und Kultur der Antike und ein Grundpfeiler der Renaissance.
In den langen Jahren seiner Tätigkeit für den Heiligen Stuhl war Bessarion eines der wichtigsten Mitglieder des Kardinalskollegiums, was auch durch die vielen Porträts, die von ihm existieren, gestützt wird. Nur wegen seiner griechischen Herkunft wurde er nicht zum Papst gewählt. Im Jahre 1472 sandte man ihn nach Frankreich zu einem letzten Versuch eine Koalition gegen das Osmanenreich zusammenzubringen. Nach dem Scheitern dieser Mission erkrankte er auf der Rückreise nach Venedig und starb in Ravenna. Sein Leichnam wurde nach Rom verbracht und in der oben erwähnten Basilika beigesetzt.